Kubi zur neuen außenpolitischen Linie der Slowakei. | "Verstärktes Augenmerk auf EU." | "Wiener Zeitung":Der abgewählte konservative Premier Dzurinda war einer der engsten Verbündeten der USA. Hat die Slowakei unter dem sozialdemokratischen Premier Fico einen Kurswechsel vorgenommen?
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Ján Kubi: Grundlegend hat sich nichts geändert. Die Basis für die slowakische Außenpolitik ist die Mitgliedschaft bei der EU und der Nato. Wir haben die spezielle Allianz mit den USA und wir haben diese Allianz auch weiterhin.
Aber aus der berühmt-berüchtigten "Koalition der Willigen" ist man mittlerweile ausgeschieden?
Smer, die slowakischen Sozialdemokratie, hat vor der Wahl versprochen, die slowakischen Truppen aus dem Irak abzuziehen und dieses Versprechen wurde eingelöst. Andererseits arbeiten wir weiterhin mit den Alliierten im Irak zusammen. Wir stellen weiterhin Ausbildungsoffiziere. Wir arbeiten auch in Afghanistan sehr gut mit den USA zusammen.
Gibt es eine Diskussion, auch die Truppen aus Afghanistan abzuziehen?
Nein, absolut nicht.
Wo sind dann die neuen Schwerpunktsetzungen?
Wenn es eine Verschiebung in den außenpolitischen Prioritäten gibt, dann die, dass wir verstärktes Augenmerk auf unsere Rolle in der EU legen.
Jetzt ist aber die Regierungspartei Smer innerhalb der EU wegen ihrer Koalition mit den Ultranationalisten weitgehend isoliert. Wird etwas gegen diese für Sie doch eher unbefriedigende Situation unternommen?
Das stimmt, die EU-Sozialdemokraten sind gegenüber Smer auf Distanz gegangen. Doch Smer argumentiert, dass die tatsächliche Regierungsarbeit nicht im Widerspruch zu sozialdemokratischen Prinzipien steht. Beispielsweise was die Beachtung der Menschenrechte betrifft. Es gibt EU-Delegationen, die in die Slowakei kommen und sich ganz genau über die Situation im Land informieren. Und auch wenn ich parteilos bin, so hoffe ich, dass die EU-Sozialdemokratie die Realität anerkennt und es schrittweise zu einer Annäherung kommt. Wir werden wegen der EU-Kritik aber sicherlich nicht die Zusammensetzung der Regierung ändern.
Sie haben Menschenrechte erwähnt. Die Slowakei ist bekannt dafür, dass sie beispielsweise Tschetschenen kein Asyl gewährt. Wird sich daran etwas ändern?
Es ist richtig, dass wir in der Slowakei traditionell sehr zurückhaltend mit der Gewährung von Asyl umgehen. Man muss aber beachten, dass wir kein Zielland sind. Die Zielländer liegen im Westen Europas. Die Slowakei ist nur Transitland. Ich sehe hier auch keine Änderung unserer Haltung.
Die USA wollen in Tschechien und Polen ein Raktenabwehrsystem installieren. Moskau fühlt sich bedroht. Wie groß ist die Gefahr eines Rückfalls in die Zeit des Kalten Krieges?
Die politische Situation in der Welt und in Europa ist heute ein komplett andere, deshalb sehe ich keine Ähnlichkeiten mit der Ära des Kalten Krieges.
Wie groß ist die Gefahr einer folgenschweren Spaltung der EU in dieser Frage?
Die drei betroffenen Staaten sind am Beginn des Prozesses, es wird noch nicht verhandelt sondern man befindet sich in der Phase der Konsultationen. Konsultationen finden auf bilateraler Ebene auch mit den Nachbarn statt. Der tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg war eben erst in Wien. Auch innerhalb der Nato werden Gespräche geführt. Da wird über Risiken und Vorteile eines solchen Raketenschildes gesprochen. Wir sind allerdings der Ansicht, auch die Ukraine und Russland sollen in bilateral Gesprächen informiert werden.