Die Ankündigung von Neuwahlen in Deutschland nach dem Wahldebakel für die SPD in Nordrhein-Westfalen hat die Neuwahlforderungen der Opposition in Österreich neu angekurbelt. Anders als in Deutschland, so die ÖVP, gebe es in Österreich keinen Grund für Neuwahlen. ÖVP und BZÖ bleiben beim Herbsttermin 2006. SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer argumentiert wie auch die Grünen damit, dass das BZÖ ein sehr wackeliger Koalitionspartner sei. Grünen-Bundessprecher Alexander Van der Bellen hat jedenfalls am Montag das Rennen um den dritten Platz schon eröffnet.
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In Deutschland gab es keine Neuwahldebatte, dafür gibt es Neuwahlen im Herbst. In Österreich schleppt sich die Neuwahldebatte seit Monaten dahin. Neuwahlen sind in der Regierung aber kein Thema.
Dennoch wittert die Opposition durch die Ankündigung des deutschen Kanzlers Gerhard Schröder, im Herbst vorzeitig wählen zu lassen, Morgenluft. Vor allem seit der Abspaltung des BZÖ von der FPÖ am 4. April argumentiert die Opposition damit, dass der Koalitionspartner zu wackelig wäre und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel vor die Wähler treten sollte. Zumal BZÖ-Chef Landeshauptmann Jörg Haider irgend eine EU-Keule gerade während der Zeit des österreichischen EU-Vorsitzes in der ersten Hälfte 2006 schwingen könnte. Ein Wahlkampf während der EU-Präsidentschaft wäre schädlich für das Land. Es sollten daher davor "klare Verhältnisse" geschaffen werden, um die Präsidentschaft mit einer "stabilen Regierung" absolvieren zu können, argumentierte SPÖ-Chef Gusenbauer zuletzt. Er glaubt aber selbst nicht so recht daran und räumte daher ein, dass es durchaus sein könnte, dass es beim Wahltermin im Herbst 2006 bleiben werde.
Für die SPÖ wäre ein Herbstwahltermin einerseits nicht schlecht, da ja auch Wien den 23. Oktober 2005 als Wahltermin ins Auge gefasst hat. Und dort wird Bürgermeister Michael Häupl eine sichere Absolute prognostiziert. Davon geht sogar Van der Bellen aus: "Einigermaßen fest steht: Die SPÖ wird wieder die absolute Mehrheit bekommen. Alles dahinter ist offen und spannend", sagte er am Dienstag in einer Pressekonferenz und reklamierte für die Wiener Grünen Platz zwei. Im Nationalrat will der Professor die Grünen auf Platz drei führen, und das möglichst bald. Derzeit gebe es weder für die Bundesregierung noch für die Kärntner Landesregierung eine demokratische Legitimation. Das BZÖ sei nämlich in dieser Form weder zur Nationalrats- noch zur Kärntner Landtagswahl angetreten, sagte Van der Bellen.
Gegenwind könnte der SPÖ aber bei einem Machtverlust von Rot-Grün in Deutschland drohen, wenn Schröder nicht im Wahlkampf wieder zur Höchstform aufläuft.
In der Regierung denkt derzeit aber ohnehin niemand an vorgezogene Wahlen. Österreich werde im Herbst 2006 wählen, stellte Vizekanzler Hubert Gorbach klar. Die stellvertretende ÖVP-Chefin Elisabeth Gehrer sieht ebenfalls "überhaupt keinen Grund" für Neuwahlen in Österreich. In Österreich herrschten "ganz andere Verhältnisse" als im Nachbarland. Die ÖVP verwies auch auf die zwölf Wahlverluste der SPD in den vergangenen drei Jahren bei Landtagswahlen, die Neuwahlen rechtfertigten.
Genau drei Landtagswahlen stehen auch in Österreich im Herbst an: Neben Wien wählen auch die Steiermark und das Burgenland. Da könnte ein CDU/CSU-Sieg in Deutschland die zu erwartenden Verluste der ÖVP mildern. Aber auch das BZÖ hat angesichts der fehlenden Strukturen kein Interesse an Neuwahlen. Sein einziger Vorteil ist im Moment die Regierungsmannschaft und Jörg Haider. Sollte das BZÖ also vorzeitige Wahlen auslösen, wäre das voraussichtlich auch das Ende des orangen Bündnisses.