Kanzler und Vize erteilen rascher Entlastung Absage. | Finanzierung für Freiwilligen-Jahr. | Wien. Gerade die beiden Koalitionsparteien frönen in diesen Tagen ihrem Verlangen nach hochsommerlichem Laisser-faire in einigermaßen ungehemmten Bahnen. Kaum ein Thema der erweiterten innenpolitischen Agenda, das vor mehr oder weniger neuen Anregungen sicher ist. Am Mittwoch hat nun die Regierung im Rahmen eines sommerlichen Ministerrates versucht, zumindest einige Debatten wieder einzufangen.
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So erteilten Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Vizekanzler Wilhelm Molterer dem zuletzt immer lauter werdenden Ruf nach einem Vorziehen der für 2010 geplanten Steuerreform eine Absage. Ihr Argument: Trotz der aufgrund der boomenden Konjunktur üppig sprudelnden Steuereinnahmen verzeichne das Land nach wie vor ein Budgetdefizit von 0,7 BIP-Prozent und verfüge über einen Schuldenstand von 143 Milliarden Euro - allein der Zinsendienst für heuer frisst 6,6 Milliarden Euro auf. Deshalb will die Regierung das zusätzliche Geld für die Schuldentilgung verwenden.
Zur Beruhigung der Ungeduldigen beschloss die Regierung einen Fahrplan für die Steuerreform, die mit dem 1. Jänner 2010 in Kraft treten soll. Demnach soll im Februar 2009 die Entlastung in Begutachtung gesandt werden, im April der Ministerratsbeschluss erfolgen und im Juni der Nationalratsbeschluss. Inhaltliche Details gab es nicht, lediglich die Reform der Einkommensteuertarife, eine Entlastung des Mittelstands sowie die Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz wurden als Pläne erwähnt (Grafik).
Vom Tisch ist seit gestern auch das Gezerre zwischen Sozialminister Buchinger (SPÖ) und Familienministerin Kdolsky (ÖVP) über die Finanzierung des Freiwilligen Sozialen Jahres. Die Mittel dafür - zuletzt jährlich rund 700.000 Euro - muss Buchinger bis August 2009 aus dem eigenen Budget finanzieren. Zusätzliches Geld gibt es nicht: "Ich habe ihm dabei geholfen, in seinem Budget Mittel zu finden", erklärte Molterer trocken. Für das letzte Jahr der Legislaturperiode soll im Rahmen der Budgetverhandlungen eine Lösung gefunden werden.
Ende gut, alles gut, hieß es schließlich auch für das neue Haushaltsrecht, das im vierten Anlauf nun doch den Ministerrat passierte. Es soll neue Regeln für die Budget erstellung bringen. Weil die SPÖ zusätzliche Informationsrechte für die anderen Regierungsmitglieder gefordert hatte, war es zuvor dreimal vertagt worden. Künftig wird der Finanzminister jährlich zwei Mal, im Mai und September, alle Minister und auch andere Institutionen über den laufenden Budgetvollzug unterrichten. Die neuen Regeln bringen einen vierjährigen Budget-rahmen, innerhalb dessen dann die detaillierten jährlichen Haushaltspläne für die Ministerien erstellt werden. Ab 2013 erlauben Globalbudgets den Ministerien einen flexibleren Mitteleinsatz. Im Gegenzug erhalten die Ressorts Leistungsvorgaben, zu deren Einhaltung sie sich verpflichten. Zum Schluss wünschte der Kanzler den Journalisten "noch einen schönen Tag", was vom Finanzminister mit einem herzhaften "gut schwitz" ergänzt wurde.