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Regierung hofft auf Superkräfte

Von Walter Hämmerle

Politik
© fotolia/Zdenek Sasek

Justizminister Josef Moser wagt sich an die Reform der Staatsstrukturen. Dieses eine Mal soll es klappen.


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Wien. Justizminister Josef Moser hat nun seine Pläne einer umgehenden Entrümpelung und Reform des Staatswesens konkretisiert. Schließlich lautet der offizielle Name seines Ministeriums seit Jahresbeginn "Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz" und sollte sich natürlich schon auch im politischen Anspruch niederschlagen. Dieses eine Mal soll es also klappen mit der Staats- und Verwaltungsreform der Republik. Und die würde sich damit quasi selbst beschenken zu ihrem 100. Geburtstag, der im November des heurigen Jahres mit Pomp und Tamtam gefeiert wird.

Vier Projekte hat sich der parteifreie, von der ÖVP nominierte ehemalige Präsident des Rechnungshofs vorgenommen: Das erste hat bereits bei der Ankündigung für einigen Wirbel gesorgt: Die umfassende Bereinigung des gesetzlichen Rechtsbestands, der vor dem 1. 1. 2000 kundgemacht wurde; ausgenommen sind Verfassungsbestimmungen sowie all jene Gesetze, die die Ministerien als weiterhin notwendig erachten. Ein entsprechender Brief an die Ministerien ist bereits draußen, die Antworten sollen bis März vorliegen. Übrigens sollen auch die Bürger über eine Online-Plattform Abschaffungsvorschläge einreichen können.

Derzeit 1724 Bundesgesetze und 4310 Verordnungen

Das zweite Projekt ist eine Kampfansage an die nationale Übererfüllung ("Gold-Plating") von EU-Bestimmungen, es sei denn, es gibt einen anderslautenden politischen Willen, etwa bei Umwelt- oder Konsumentenschutz. Hier wurden die Minister aufgefordert, bis Mai die entsprechenden Bereiche zu nennen. Insgesamt, so Gerhard Hesse, Leiter des vom Bundeskanzleramt ins Justizministerium übersiedelten Verfassungsdienstes, umfasst der Rechtsbestand der Republik aktuell 1724 Bundesgesetze in ihrer Stammfassung, das heißt ohne nachfolgende Novellen, sowie 4310 Verordnungen.

Das dritte Projekt gleicht ebenfalls einer Herkulesaufgabe, obwohl es simpel klingt: Moser will, dass die Gesetze wieder einfacher, bürgernäher und verständlicher formuliert werden. Soll das gelingen, müsste sich eigentlich die gesamte Ministerialbürokratie samt angehängter Bereiche eine neue Sprache angewöhnen. Tatsächlich sind das Einkommensteuer- und vor allem das Sozialversicherungsrecht für Normalsterbliche ein weites, aber unverständliches Land geworden. Und nicht einmal darauf, was genau unter einer "Behinderung" zu verstehen ist, vermag sich der Juristenstaat Österreich in einfacher Form zu verständigen.

Schließlich will sich Moser auch dem - im wahrsten Sinn des Wortes - Jahrhundertthema Föderalismusreform widmen, und zwar ausnahmsweise erfolgreich, wie er selbst beteuert. Vor allem soll es endlich zu einer Kompetenzbereinigung der Aufgaben zwischen Bund und Ländern kommen. Zu diesem Zweck wäre es am einfachsten, den Artikel 12 des Bundes-Verfassungsgesetzes abzuschaffen, der taxativ auflistet, in welchen Bereichen der Bund für die Grundsatzgesetzgebung zuständig ist und die Länder für die Erlassung der Ausführungsgesetzgebung sowie die Vollziehung. Der Mischmasch, der in der politischen Praxis aus dieser Vorgabe resultiert, gilt als die Ursünde des österreichischen Föderalismus. Und an seiner Reform sind schon Generationen an Reformern gescheitert.

Bleibt die Frage, warum das ausgerechnet jetzt unter einer türkis-blauen Regierung anders sein soll. "Weil sich heute alle einig sind, dass eine Reform der Staats- und Verwaltungsstrukturen unumgänglich ist": So formuliert der Grazer Verfassungsjurist Klaus Poier die Hoffnung. Gleichzeitig will er die Erwartungen nicht ins Uferlose wachsen lassen. "Jede Reform in gefestigten Demokratien erfolgt nur schrittweise", einfach weil große Brüche das System erschüttern. Für Poier ist vor allem eine Kompetenzentflechtung hoch an der Zeit: Pflege, Bildung, Gesundheit, allesamt zentrale Zukunftsthemen für das Land, sind dadurch gekennzeichnet, dass viele Ebenen Mitsprache haben, aber keine dieser Ebenen steuern und gestalten kann. Eine Reform müsse viele Sieger haben, ergänzt Moser, der den Ländern die Angst vor Zentralisierung und Entmachtung nehmen will.

Regierung willTempo machen

Skepsis gibt es auch bei etlichen Experten in Bezug auf den gewählten radikalen Weg bei der Bereinigung der Rechtsnormen. Die Gefahr sei groß, dass wichtige Bestimmungen aus Versehen außer Kraft gesetzt werden könnten. Verfassungsdienstchef Hesse teilt diese Sorge nicht. Der nun gewählte Weg sei bereits 1999 beschritten worden, als es um den Rechtsbestand ging, der vor dem 1. 1. 1946 kundgemacht wurde. Und mit den Ministerien, die weiter notwendige Gesetze einmelden, dem Verfassungsdienst, der eine eigene Liste erstelle, der sechswöchigen Begutachtung für alle relevanten Interessenvertreter sowie schließlich der parlamentarischen Kontrolle und Umsetzung gebe es fünf Instanzen, die dafür Sorge tragen, dass keine Bestimmung aufgehoben wird, die es weiter braucht.

Der Zeitplan, den sich Justizminister Moser auferlegt, ist dabei durchaus ambitioniert. Noch vor dem Sommer soll ein Begutachtungsentwurf in Sachen Rechtsbereinigung ins Parlament eingebracht werden und sodann im Herbst beschlossen werden. Beim Kampf gegen das "Gold-Plating" geht es die Regierung nur unwesentlich gemächlicher an: Hier soll im Herbst ein abgestimmter Gesetzesentwurf des Ministeriums ins Hohe Haus gehen.

Für den wirklich großen Brocken, die Verfassungsreform, benötigt die Regierung dann aber einen Partner. Ohne SPÖ oder Neos vermag sie die Zweidrittelhürde nicht zu überspringen.