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Regierung ignoriert Integrationsarbeit freiwilliger Helfer

Von Michael Ortner

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Michael Ortner
© Thomas Seifert

Die jüngsten Abschiebungen von Asylwerbern zeigen, dass die neue Regierung die Gangart verschärft. Damit sendet sie ein fatales Signal an die Bevölkerung.


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Aref Sarwari wurde abgeschoben. Ende Jänner saß der 26-jährige Asylwerber in einer Maschine nach Kabul. Genau dort wurde er als Angehöriger der schiitischen Minderheit der Hazara jahrelang verfolgt. 2015 floh er nach Österreich.

Sofort begann er Deutsch zu lernen. Er engagierte sich ehrenamtlich. Trainierte im Fußballverein von Bruck an der Leitha, seiner neuen Heimat. Arbeitete im Recycling-Center. Er war bestens integriert. Die Menschen in der Gemeinde schätzten ihn. Mehr als 6000 haben eine Online-Petition für seinen Verbleib in Österreich unterzeichnet.

Selbst im Gerichtssaal unterstützten sie ihn. Wenige Tage vor seiner Abschiebung versuchten sie, gegen die verhängte Schubhaft zu protestieren. Die Sessel im Gerichtssaal reichten nicht aus. Kollegen vom Roten Kreuz, sein Vermieter, die Arbeitgeberin, Freunde und Bekannte. Alle waren anwesend. Sie kämpften um ein Gemeindemitglied. Erfolglos.

Der junge Afghane ist kein Einzelfall. Auch eine sechsköpfige Familie aus Tschetschenien und ein zweifacher österreichischer Staatsmeister im Taekwondo wurden im Jänner ausgewiesen. Abschiebungen wie diese mögen rechtlich gedeckt sein. Ein fatales Signal geben sie trotzdem.

Seit Jahrzehnten von der Politik geforderte Integration scheint für die Regierung in Wahrheit völlig bedeutungslos zu sein. Die Ausweisungen sind nicht nur Dramen für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Menschen, die sich jahrelang für sie engagiert haben. Freiwillige, die den Asylwerbern Deutsch beigebracht haben, die ihnen bei Behördengängen geholfen oder eine Wohnung verschafft haben. Tausende Stunden unbezahlte Arbeit – damit aus den Geflüchteten Mitbürger werden.

"Wir müssen bei jenen Menschen, die bei uns bleiben, für die bestmögliche Integration sorgen", sagte Sebastian Kurz in einem Interview im April 2016 – damals war er noch Außenminister. Bestmöglich heißt, dass jeder Flüchtling Deutsch lernt, eigenes Geld verdient und ein Dach über dem Kopf hat. Doch wie die jüngsten Fälle zeigen, reicht dies nicht. Integration dient offenbar nur als Scheinargument.

Integrationsarbeit? Wozu, werden sich zahlreiche Helfer künftig fragen. Egal, wie viel Integrationsarbeit von beiden Seiten geleistet wird, abgeschoben wird trotzdem. Die Härte der Regierung können die Helfer nicht nachvollziehen. "Wir haben kein Vertrauen in den Rechtsstaat mehr", sagt eine Unterstützerin von Sarwari. Die Gemeinde Bruck an der Leitha hat einen ihrer Mitglieder verloren. Der Staat hat ihn ihr weggenommen.