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Wien. Die Deutschen haben nur eine Woche vor den Österreichern gewählt. Doch während die deutsche Öffentlichkeit seit Tagen im 180 Seiten starken Koalitionsabkommen von CDU und SPD schmökern kann, hat die neue, alte große Koalition in Österreich noch nicht einmal die Überschriften fertig. Als einen Grund ortet ein ÖVP-Verhandler der Finanzgruppe den "schweren strategischen Fehler", die acht Untergruppen - von Wirtschaft, über Soziales bis Außenpolitik - ohne konkrete Vorgaben werken zu lassen. Das hat zur Folge, dass die Gruppen nun Wunschkonzerte anstimmen. Und die Finanzgruppe antwortet mit einem Streichkonzert. "Ich hoffe, mir kommen bald Arbeitsgruppen unter, die uns keine Mehrbelastung fürs Budget vorschlagen", sagt der Verhandler spürbar genervt. "Das ist alles nicht lustig." Ein Regierungspakt bis Weihnachten, wie vom Bundespräsidenten eingemahnt, sieht er nur noch als "Best-Case-Szenario". Aber: "Es gibt keinen Plan B."
Wo sind die Sparvorschläge?
Die Finanzgruppe, die unter verschärften finanziellen Bedingungen - Stichwort "Budgetloch" - einen soliden Haushalt bis 2018 garantieren soll, tagt am Donnerstag. Damit sich die Angelobung bis vor Weihnachten ausgeht, muss die Finanzgruppe nächste Woche permanent tagen.
Die SPÖ-Verhandler sind entspannter, was den Zeitplan betrifft, doch auch sie sehen "vieles auf Rot und wenig auf Grün". Verwunderung herrscht bei den Roten über das schwarze Mantra vom erhöhten Sparbedarf, den die SPÖ negiere. "In meiner Gruppe und in den Gruppen, die uns gebrieft haben, ist mir kein einziger gewichtiger Sparvorschlag der ÖVP bekannt", sagt ein SPÖ-Verhandler. Hingegen sollen Pläne wie die Erhöhung der Familienbeihilfe, die jährlich 200 Millionen Euro kostet, für einen späteren Zeitpunkt weiter am Tapet sein. Bei den Einsparungen läuft es generell auf viele kleine, konkrete Schritte und große, unkonkrete Versprechungen hinaus.
Keiner erwartet große Würfe
Auch die SPÖ spricht lieber über neue Steuern als über konkrete Sparvorschläge. So soll die Tabaksteuer um 30 Cent erhöht werden, aber nicht auf einmal, sondern um 10 Cent pro Jahr. Wirklich gerittert wird um die Steckenpferde der SPÖ, die Vermögens- und Erbschaftsteuer. Damit soll ein Teil der Steuerreform finanziert werden, mit der die Einkommen steuerlich entlastet werden. Diese Vermögenssteuern galten seit dem Wahlkampf als der Knackpunkt zwischen SPÖ und ÖVP. Doch es scheint paktiert, dass die Steuerreform in den Koalitionspakt kommt, die Frage der konkreten Finanzierung aber offen bleibt. "Man kann nicht alles im Detail regeln", sagt ein SPÖ-Verhandler. Die ÖVP will die Steuerreform - wenn leistbar - erst in der "zweiten Hälfte der Legislaturperiode". Große Würfe sind insgesamt nicht zu erwarten: "Wer hat das erwartet?", kommentiert ein ÖVPler grantig.