Streit um Minister beendet. | Korruptionsaffären belasteten Koalition. | Prag. Überstanden: Der tschechische Ministerpräsident Petr Necas beendete die mehrwöchige Regierungskrise am Donnerstag mit einer Neubildung seines Kabinetts. Präsident Vaclav Klaus stimmte der Ernennung der Parteilosen Radek Smerda als Verkehrs- und Jan Kubice als Innenminister zu. | Analyse: Tschechien ist volljährig - aber die Kinderkrankheiten sind noch da
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Nun könne man wieder zur Tagesordnung übergehen und sich den "dringenden Reformen" widmen, heißt es aus dem Regierungsamt. Im Sommer, kündigte Premier Necas an, plane er weitere Änderungen.
Der neue Verkehrsminister Radek Smerda beteuerte bei seinem Amtsantritt, dass er nicht die Marionette seines Vorgängers Vit Barta sei, dessen Stellvertreter er war. Der zunehmende Einfluss Bartas und der ihm nahestehenden Sicherheitsfirma ABL war ein Auslöser für die Regierungskrise gewesen. Barta, der grauen Eminenz der Regierungspartei Öffentliche Angelegenheiten (VV), wird vorgeworfen, Abgeordnete seiner Partei bestochen zu haben, um sich so Loyalität zu sichern. Einige politische Beobachter argumentieren auch, Barta würde über die VV die Interessen der Firma ABL verfolgen, die er gegründet hatte und deren Führung er nach seinem Abstecher in die Politik seinem Bruder übergeben hat.
Öffentliche Macht privat
Im Windschatten Bartas musste auch der VV-Innenminister Radek John seinen Posten räumen. John, ein ehemaliger investigativer Fernsehjournalist, wird vorgeworfen, er habe sein Ressort von Barta leiten lassen. Tatsächlich hatte John ein Geheimnis daraus gemacht, wichtige Angelegenheiten mit Barta in dessen Wohnung besprochen zu haben.
"Die Privatisierung der öffentlichen Macht", nannte Finanzminister Miroslav Kalousek, stellvertretender Vorsitzender der Regierungspartei TOP 09, solche Praktiken. ABLizace, ABLisierung, nennt es der tschechische Volksmund, der meist recht schnell dabei ist, Worte zu kreieren.
Kreiert wurde nun auch der Posten, auf den Radek John abgeschoben wurde: Vizeministerpräsident für Korruptionsbekämpfung. Seine Stelle im Innenministerium nimmt nun Jan Kubice ein. Ein Mann, dem das Gerücht vorausgeht, er sei ein trojanisches Pferd der VV. Umstritten und gefürchtet ist er aber aus anderen Gründen. Zwölf Jahre arbeitete Kubice bei der Abteilung zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens, einer Eliteeinheit der Polizei, der er letztendlich auch vorstand.
Kurz vor den Wahlen im Jahr 2006 kam der berüchtigte "Kubice-Bericht" an die Öffentlichkeit, in dem Verbindungen zwischen Politik und dem organisierten Verbrechen beschrieben werden. Der Bericht, über dessen Authentizität noch heute diskutiert wird, bezeichnet den damaligen Vorsitzenden der Sozialdemokraten, Jiri Paroubek, als Pädophilen und einen Ex-Innenminister, der heute ein erfolgreicher Anwalt ist, als "Juden". Nach der zufälligen Bekanntmachung des "Kubice-Berichts", kurz vor den Wahlen, verließ Kubice den Polizeidienst und ging in die freie Wirtschaft. Seine Beraterfirma SUB S.A. soll als Subunternehmen für die ABL gearbeitet haben - jene Firma, um die es in der Regierungskrise ging.