Wirtschaftsminister ruft zu strengen Einsparungen auf. | Mehreinnahmen durch höhere Mehrwertsteuer geplant. | Rom. (dpa) Haushaltsdefizit, dümpelndes Wachstum, Krise der Pensionskassen - der neue italienische Ministerpräsident Romano Prodi hat alles andere als einen leichten Start. Kaum im Amt, musste Prodi nach Brüssel reisen, um die EU-Granden zu beruhigen. Dann mischte sich Notenbankchef Mario Draghi mit knallharten Forderungen ein: Um den Abstieg Italiens aufzuhalten, müsse das Mitte-Links-Kabinett in einem Nachtrags-Etat zwischen 25 und 30 Milliarden Euro sparen und vor allem das Pensionsalter erhöhen. Und auch Wirtschaftsminister Tommaso Padoa Schioppa schlug wegen der Finanzlage erneut Alarm. Er rief seine Kollegen auf, die Ausgaben ihrer Ressorts in den kommenden Monaten stark einzuschränken.
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Der gelernte Wirtschaftsprofessor Prodi steckt in der Klemme, bevor er überhaupt angefangen hat - schon drohen die Gewerkschaften. Dabei hat sich Prodi über die "Altlasten" seines Vorgängers Silvio Berlusconi keine Illusionen gemacht, das Land ist wirtschaftlich erlahmt: In Rom wird befürchtet, dass das Budgetdefizit heuer auf 4,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen könnte, die Gesamtverschuldung auf 108 Prozent. Dagegen rechnen selbst Optimisten bestenfalls mit 1,5 Prozent Wachstum. Das Wachstum müsse wieder zur obersten Priorität der Währungspolitik werden, meinte Notenbankchef Draghi.
Umwälzung der Kosten
Noch kann sich Prodi aber zu einer Schweiß-und-Tränen-Politik nicht durchringen. Stattdessen setzt er erst mal auf eine Umwälzung der ausufernden Gesundheitskosten zu Lasten der Kommunen. Den Unternehmern hat er zwar im Wahlkampf eine Senkung der Lohnnebenkosten versprochen - in einem Nachtragshaushalt dürfte dazu aber kaum Spielraum sein. Noch mehr Hemmungen hat Prodi vor der geforderten Erhöhung des Pensionsalters. "Hände weg vom Rentenalter", heißt die Gewerkschaftsparole. Im Schnitt gehen die Italiener heute mit 60 in Pension. Wie bei Defizit und Schulden hält Italien auch hier einen bedenklichen "Spitzenplatz" in Europa.
Doch Prodi steht unter Zugzwang, der Internationale Währungsfonds (IWF) will spätestens bis Juli Taten sehen: "Die jüngsten Daten tendieren in Richtung auf ein noch höheres Defizit", zitieren italienische Zeitungen die Sorge eines IWF-Sprechers.
Nun drängt auch der Wirtschaftsminister zu Taten. Zu den unpopulärsten Maßnahmen zählt dabei die Anhebung der Mehrwertsteuer. Dies soll den italienischen Staatskassen zusätzliche Einnahmen von 2 Milliarden Euro bescheren. Dagegen wehren sich jedoch die italienischen Kaufleute, die einen Konsumrückgang befürchten.
Eine Milliarde Euro will Prodi von der Wiedereinführung der Erbschaftssteuer für Vermögen im Wert von einigen Millionen Euro eintreiben. Die Erbschaftssteuer wurde von Prodis Vorgänger Silvio Berlusconi abgeschafft.