Aufhebung von Corona-Maßnahmen ist auch eine verfassungsrechtliche Frage - wie das Aussetzen der Impfpflicht.
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Die für 5. März angekündigten Öffnungen in Österreich sind von Epidemiologen, Modellierern und Medizinerinnen zurückhaltend, aber nicht gänzlich ablehnend kommentiert worden. Fazit: Vielleicht ein bisschen zu viel und zu schnell. Der Komplexitätsforscher Peter Klimek nannte den Plan aber "vertretbar", der Epidemiologe Gerald Gartlehner wäre lieber bei einer 2G-Regel geblieben. Der Wegfall der Maskenpflicht wird allgemein kritisch gesehen.
Aber wie sieht die rechtliche Beurteilung aus? Immerhin handelt es sich bei den meisten Maßnahmen um grundrechtliche Beschränkungen. Eine klare Antwort gibt es nicht. "Die juristische Antwort ist abhängig von der epidemiologischen", sagt der Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk der Sigmund-Freud-Uni. Generell müsse die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen immer wieder neu bewertet werden, so Funk. "Aber wie oft, mit welchen Mitteln, mit welchen Verfahren?"
Eine zentrale Frage sei jedenfalls die drohende Überlastung der medizinischen Versorgung. Ist diese noch gegeben? Die zur Verfügung stehenden Prognosen deuten für Österreich nicht darauf hin - vorerst. Gartlehner gibt aber zu bedenken, dass auch der Ausfall vieler (infizierter) Ärzte zu einem Engpass führen könnte. Bisher hat Omikron in keinem EU-Land zu einem Zusammenbruch der Versorgung geführt. Dies allein reiche als Argument aber nicht, sagt Funk.
Außerdem müsse die Regierung bei der Bewertung der Verhältnismäßigkeit auch sozialökonomische Aspekte einbeziehen und inwieweit bestehende Regeln noch eingehalten werden. Sollten diese in einem Ausmaß abgelehnt werden, dass sie nicht mehr effektiv sind, könnten sich auch hier Probleme mit der Verhältnismäßigkeit ergeben. Sollte der Verfassungsgerichtshof Maßnahmen oder deren Aufhebung prüfen, käme es laut Funk auf die sachliche Begründung an, die wiederum von den zur Verfügung stehenden Informationen und fachlichen Einschätzungen abhängt. Auch wenn Bundesländer, so wie Wien, strenger agieren, bedarf es einer sachlichen Begründung dafür.
"Aussetzen der Strafen bei Impfpflicht möglich"
Verfassungsrechtliche Fragen stellen sich auch bei der Impfpflicht. Die Regierung hält weiter an ihr fest, aber sowohl Kanzler Karl Nehammer als auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein haben ein temporäres Aussetzen offengelassen. Sie wollen zuerst die Empfehlung der Expertenkommission abwarten, die bis spätestens 8. März einlangen soll. In das Gremium wurden Gecko-Mitglied Karl Stöger und Christiane Wendehorst aus der Bioethikkommission auf juristischer Seite berufen sowie der Vakzinologe Herwig Kollaritsch und die Epidemiologin Eva Schernhammer auf medizinischer.
"Die ganze Situation ist ein bisschen merkwürdig", sagt der Staatsrechtler Peter Bußjäger. Man gewinne den Eindruck, dass die Kommission der Regierung die Entscheidung abnehmen solle. Laut Bußjäger erlaube aber das Impfpflichtgesetz dem Gesundheitsminister, einzelne Bestimmungen zeitlich außer Kraft zu setzen. Das betreffe auch die Bestimmung über die Bestrafung für Personen, die sich nicht an die Impfpflicht halten. "Das halte ich prinzipiell für möglich."
Auch hier ist die medizinische Einschätzung entscheidend, sollte etwa die Kommission zur Einschätzung gelangen, dass die Immunitätsrate so hoch sei, dass man ein Aussetzen der Impfpflicht riskieren könne. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hat kein Hehl daraus gemacht, dass er sich bereits beim Bund-Länder-Gipfel eine Entscheidung darüber erwartet hätte, wie das zuletzt auch von ÖVP-Landeschefs gefordert wurde. Für Doskozil ist es ein "klarer Widerspruch", ab 5. März die 3G-Regel aufzuheben, aber gleichzeitig die Impfpflicht zu vollziehen.
Für Bußjäger ist ein Festhalten nicht problematisch: "Ich sehe nicht zwangsläufig einen Widerspruch." Denn man könne mit der Impfpflicht längerfristig die Durchimpfungsrate heben, auch wenn man aktuelle Corona-Regeln lockere, argumentiert er.