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Regierung öffnet die Geldschleusen

Von Karl Leban und Wolfgang Zaunbauer

Wirtschaft

Hochwasser: 100-prozentige Deckung bietet kein heimischer Versicherer an.


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Wien. Noch ist nicht abschätzbar, wie groß die Schäden des Hochwassers in Österreich sind. Doch schon jetzt macht Bundeskanzler Werner Faymann klar: "Es werden ausreichend Mittel vorhanden sein." Woher das Geld kommen wird, ist allerdings noch unklar.

Das Hochwasser 2002 kostete rund drei Milliarden Euro. So teuer dürfte es diesmal nicht werden. Im Ö1-"Morgenjournal" bezifferte Bank-Austria-Chefvolkswirt Stefan Bruckbauer die Schäden mit mindestens 600 Millionen Euro. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) geht für sein Bundesland von Schäden in "deutlich zweistelliger Millionenhöhe" aus.

Im Katastrophenfonds des Bundes sind derzeit noch rund 260 Millionen Euro. Allerdings sei der Fonds "nicht limitiert", erklärte Finanzministerin Maria Fekter am Dienstag beim Ministerrat, "er kann aufgestockt werden." Für Ersthilfe sei also "ausreichend Geld vorhanden". Auch für die Feuerwehren soll es statt 88 heuer 95 Millionen Euro geben.

"Spielräume im Budget"

Es sei einhellige Regierungslinie, dass genügend Geld in den Katastrophenfonds fließen werde, um die Ersthilfe zu sichern, erklärte Kanzler Faymann: "Selbst wenn wir eine Milliarde brauchen, gehe ich davon aus, dass Spielräume im Budget vorhanden sind." Wo diese Spielräume angesichts des laufenden Sparpakets sein sollen, deutete Faymann nur an: Die EU-Kommission habe bezüglich des Finanzrahmens angemerkt, dass Österreich die Ziele schon 2015 und nicht erst 2017 erreiche - hier wäre also eine zeitliche Verschiebung möglich. Auch die von der Regierung in Aussicht gestellte Steuerreform will Faymann nicht für sofort versprochen haben: Diese Entlastungen müsse man sich erst leisten können.

Versicherer zahlen nur Teil

Vizekanzler Michael Spindelegger erklärte, der Sparkurs bleibe bestehen, aber die Hochwasser-Betroffenen bräuchten nicht befürchten, man lasse sie hängen. Die Steuerzahler ersuche er "um Verständnis, dass wir mit den Betroffenen großzügig sind". Dabei folgt die Regierung einem "Vier-Stufen-Plan", sagte Spindelegger: Hilfe vor Ort, Schadenserhebung, finanzielle Hilfe und dann Ausbau des Hochwasserschutzes, um künftige Schäden zu begrenzen.

Bei der finanziellen Hilfe übernimmt der Bund in Härtefällen bis zu 100 Prozent des Schadens, wie Faymann erklärte - "aber das sind nur Einzelfälle". Mit dem Katastrophenfonds sollen Schäden abgedeckt werden, für die private Versicherer nicht aufkommen.

Denn diese zahlen im Rahmen der Eigenheim- oder Haushaltsversicherung generell nur bis zu 50 Prozent der versicherten Schäden, in manchen Fällen sogar nur einen Bruchteil davon. Der Grund: Flutkatastrophen bergen ein massives Schadenpotenzial. Für eine volle Deckung müssten die Versicherer exorbitant hohe und damit inakzeptable Prämien verlangen. Deshalb bieten sie lediglich eine begrenzte Deckung an. Im Durchschnitt sind Hochwasserschäden hierzulande nur zu 7500 Euro pro Fall gedeckt.

Detail am Rande: Auf die Möglichkeit, Schäden aus Überflutungen oder auch Erdbeben komplett abzudecken, macht die Versicherungsbranche die Politik bereits seit Jahren aufmerksam - bisher aber ohne Erfolg. Die Vorschläge zielen auf eine Extra-Prämie für Naturkatastrophen, die mit der Gebäudeversicherung zu koppeln wäre. Diese Einnahmen sollten in einen gemeinsamen Pool fließen, gleichzeitig sollte der Staat Haftungen übernehmen. Ähnliche Modelle gibt es bereits in der Schweiz, Frankreich und Spanien.

Schadensausmaß noch offen

Wie hoch die versicherten Schäden aus dem jetzigen Hochwasser sind, ist vorerst ungewiss. "Aktuelle Zahlen können wir noch nicht bekanntgeben", heißt es aus der Versicherungsbranche. "In ein bis zwei Wochen wissen wir mehr." Lediglich die Generali Österreich teilte am Dienstag mit, für sich mit mindestens 50 Millionen Euro an Schäden zu rechnen.

Übrigens: Ausgaben zur Beseitigung von Katastrophenschäden können laut einer Gesetzesnovelle 2002 als außergewöhnliche Belastungen steuerlich geltend gemacht werden. Für alle, die Einkommen- bzw. Lohnsteuer zahlen, stellt das einen - allenfalls weiteren - Staatszuschuss in Höhe von zumindest 36,5 Prozent dar.