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Für das Modell "Lehre mit Matura" will die Regierung nun kräftiger die Werbetrommel rühren. Jugendliche, deren Eltern sowie Unternehmen sollen in einer österreichweiten Kampagne verstärkt über diesen Bildungsweg informiert werden.
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Es soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass nicht nur die Schule zur Matura führt, sondern auch ein Lehrabschluss ergänzt durch vier weitere Prüfungen die Tür zu den Universitäten und Fachhochschulen öffnet, betonten Bildungsministerin Elisabeth Gehrer, Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und der Lehrlingsbeauftragte der Regierung, Egon Blum, gestern in einer gemeinsamen Pressekonferenz. Derzeit bereiten sich rund 8.000 Personen auf die Berufsreifeprüfung vor, die 1997 als Reifeprüfungsabschluss für Fachschul- und Lehrabschlussabsolventen gesetzlich beschlossen wurde.
Dieses nur in Österreich angebotene Modell stoße in anderen Ländern auf reges Interesse. "Wir betreiben hier Entwicklungshilfe für andere Staaten", so Gehrer.
Durchschnittlich ein bis zwei Jahre nach dem Lehrabschluss werde die Reifeprüfung abgelegt, schätzt Blum. Wer schon während der Lehre eine Prüfung aus dem ersten Maturafach ablegt (Deutsch, Mathematik oder Englisch), könne meist schon ein Jahr nach dem Lehrabschluss das Maturazeugnis in Händen halten, meinte der Regierungsbeauftragte. Nachweisen müssen die Jugendlichen keine Stundenzahlen, sondern nur ihre Fähigkeiten. Dafür werden beispielsweise von Wifi, bfi oder in Berufsschulen kostenpflichtige Kurse angeboten, die von öffentlicher Hand mit insgesamt 1,8 Mio. Euro gefördert werden.
Ausständig ist laut Gehrer noch die Anerkennung der Lehre mit Matura in der EU - "da poche ich auf den Gleichheitsgrundsatz", so die Ministerin im Hinblick auf den EuGH, der zuletzt die Gleichbehandlung der in Österreich Studierenden forderte.
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Stichwort Lehrlingskrise
Ein Ende der Lehrlingsmisere ist nicht in Sicht: Bundesweit standen 15.648 Lehrstellensuchenden per Ende des vergangenen Jahres nur 1.872 offene Lehrstellen gegenüber. Daraus ergibt sich eine Lehrstellenlücke von 13.776.
Um die Lehrstellensituation in den Griff zu bekommen, wurde im Herbst 2003 der Vorarlberger Unternehmer Egon Blum als Regierungsbeauftragter für Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung eingesetzt. Von den 15.648 Jugendlichen ohne Lehrstelle in einem Betrieb wurden 6.607 Lehrstellensuchende in Ausbildungslehrgängen im Rahmen des Jugendausbildungssicherungsgesetz (JASG) untergebracht. 4.643 nahmen an kurzfristigen Schulungen teil, 4.399 Jugendliche haben keinen Platz in einem Auffangnetz und suchen sofort einen Lehrplatz, geht aus einer Statistik der Arbeiterkammer (AK) hervor.
Verschärft wird die Situation durch die demographische Entwicklung, da die Zahl der 15-Jährigen bis 2007 von 94.836 (2003) auf 99.300 steigen wird. Erst 2008 ist mit einem leichten Rückgang (98.500) zu rechnen. 2010 wird die Zahl der 15-Jährigen wieder das Niveau des Jahres 2000 von rund 94.600 erreichen und bis 2015 auf fast 84.000 sinken.
Um der angespannten Situation entgegenzuwirken, wurde das Lehrlingsauffangnetz per Juli 2004 bis Juli 2005 von 6.800 auf 7.800 Plätze aufgestockt. Für die Umsetzung der Fördermaßnahmen stehen 53 Mio. Euro zur Verfügung. Geplant ist auch die Einrichtung von 500 überbetrieblichen Ausbildungsplätzen vor allem für die Bereiche Metall und Elektro, die einen Lehrabschluss ermöglichen.
Seit 2002 ist es möglich, auch im Rahmen des Auffangnetzes eine Lehre abzuschließen. Laut AMS finden 2 von 3 Jugendlichen bereits während des Lehrganges oder nach Abschluss des Ausbildungslehrganges einen Lehrplatz. Die Ausbildung im Lehrgang wird den Jugendlichen auf die Lehrzeit angerechnet.