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Regierung schnürt ihr erstes Paket

Von Brigitte Pechar und Walter Hämmerle

Politik

Mobilitätsprämie soll Übersiedlungen in Arbeitsplatznähe fördern. | Blum-Bonus für Zukunftsberufe. | Grüne und FPÖ gegen Facharbeiter-Regelung. | Linz. Für Bundeskanzler Alfred Gusenbauer ist "die Regierung fleißig am Arbeiten". "Zug fahren lohnt sich eben, nicht nur aus klimatischer und ökologischer Sicht, sondern auch in der Sache", sagte Vizekanzler Wilhelm Molterer in einer gemeinsamen Pressekonferenz. Gemeint haben beide die Einigung bei der Regierungsklausur am Freitag Vormittag über den Zuzug von Facharbeitern aus den neuen EU-Staaten nach Österreich.


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Durchgesetzt haben sich beide. Heuer (durch eine Verordnung, die von Mai bis Dezember gilt) werden bis zu 800 Facharbeiter aus den Nachbarstaaten aufgenommen - das wollte die ÖVP. Ab kommendem Jahr wird der Zuzug von Facharbeitern von einer vorherigen Bedarfsprüfung abhängen - das entspricht dem Wunsch der SPÖ. "Wir wollen die guten Ideen zusammenlegen und nutzen", verwahrte sich Molterer gegenüber medialen Versuchen, einen Sieger in dem Streit zu küren.

Der Regierung kommt das hohe Wirtschaftswachstum zugute, aber Gusenbauer will sich darauf nicht verlassen: Zur Senkung der Arbeitslosigkeit sei Wirtschaftswachstum alleine nicht ausreichend. Daher werde die Regierung einen ganzen Maßnahmenkatalog umsetzen: Die Lehrlingsausbildung soll verbessert werden, vor allem in technischen Berufen. Bis zur Jahresmitte werde der Blum-Bonus evaluiert. Der Kanzler meinte, diese Maßnahme der Vorgängerregierung sei zwar wirksam gewesen, müsse nun aber nachgebessert werden. Gusenbauer ist dafür, den Blum-Bonus verstärkt auf die Ausbildung von Zukunftsberufen auszurichten.

Frühwarnsystem für Arbeitsmarkt-Mängel

Um Mängel auf dem Arbeitsmarkt rechtzeitig zu erkennen, wird ein Frühwarnsystem eingeführt. Das Arbeitsmarktservice soll feststellen, welcher Bedarf an Fachkräften zu erwarten ist und eine danach maßgeschneiderte Ausbildung anbieten.

Mehr zumuten wollen SPÖ und ÖVP den Österreichern auch bei der Entfernung zum Arbeitsplatz. Genannt wird das so: "Verstärkung der innerösterreichischen Mobilität." Die SPÖ hat bei der ÖVP für ihren Vorschlag, eine Mobilitätsprämie einzuführen, ein offenes Ohr gefunden. Gleichzeitig werden aber auch die Zumutbarkeitsbestimmungen verschärft: Derzeit sind zwei Stunden bei einem Vollzeitjob zumutbar. In Zukunft muss man mehr Wegzeit auf sich nehmen, dafür erhält man aber auch Übersiedlungszuschüsse, sollte man den Wohnort an den Arbeitsort verlagern. Diese können mehr als 5000 Euro betragen. Voraussetzung ist aber, dass ein Dienstverhältnis für zumindest ein Jahr abgeschlossen wurde, womit Saisonarbeiter ausgeschlossen sind. Die Regierung nimmt dafür sehr viel Geld in die Hand. Natürlich könnte es sein, dass einige, die ohnehin schon übersiedeln wollten, dieses Angebot nützen, andererseits sei es aber wichtig, die Menschen dort hinzubekommen, wo Arbeit vorhanden ist. "Fordern und fördern", nennt der Regierungschef dieses Prinzip. Wie genau die Zumutbarkeitsbestimmungen ausfallen werden, ist Sache der Sozialpartner. Das AMS wird dazu konkrete Richtlinien erlassen.

Erst als allerletztes Mittel sollen ausländische Fachkräfte zugelassen werden - heuer eben bis zu 800 -, aber maximal für 50 Wochen pro Jahr. Damit sei gewährleistet, dass nicht automatisch eine unbeschränkte Arbeitserlaubnis eintritt - die würde erst ab 52 Wochen schlagend werden. Schon im Herbst soll die erste Bedarfsprüfung vorliegen, wie viele Facharbeiter dann im nächsten Jahr aus dem Ausland geholt werden, hängt davon ab.

Wirtschaftskammer und Industrie zeigten sich - im Gegensatz zur Opposition - mit dem Kompromiss zufrieden. Kritik kam von den Grünen. "Die Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen ist ein SPÖ-Umfaller", so Grünen-Sozialsprecher Öllinger. Die FPÖ lehnt die Zulassung von Facharbeitern aus den neuen EU-Ländern in Österreich ab.

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