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Regierung spielt Ball an die Kammern

Von Martina Madner

Politik

ÖVP-FPÖ will Pflichtmitgliedschaft nicht beenden, wohl aber Reformen.


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Wien. Bei den im Vorfeld ebenfalls heftig diskutierten Reformvorschlägen für die Kammern spielte die neue Regierung den Ball an die Sozialpartner zurück. Während die ÖVP und auch Kanzler Sebastian Kurz bei diesem Punkt ohnehin zurückhaltender waren, hatten der künftige Vizekanzler Heinz-Christian Strache und die FPÖ unter dem Titel "Ende der Zwangmitgliedschaft" dem Thema beinahe ein ganzes Kapitel im Wahlprogramm gewidmet.
Nun aber sagte Strache: "Wir wollen, dass sie selbst Vorschläge bringen, auch in Richtung der Entlastung der Mitglieder." Die Beschäftigten seien auch durch "Zwangsbeiträge" an die Kammern belastet, richtete er der Arbeiterkammer aus. "Eine Reform muss möglich sein, wir haben Vorschläge, werden aber Gespräche suchen." Und: "Wir hoffen, dass wir gute Vorschläge von den Kammervertretern erhalten."

Strache stellte auch die Frage in den Raum, ob es sinnvoll sei, dass Arbeitslose Beiträge zahlen. Hier allerdings braucht es keine neuen Reformvorschläge, denn Arbeitslose müssen auch schon bisher keinen AK-Betrag bezahlen, genauso wenig wie Lehrlinge oder Eltern in Karenz.

Kein Ende der Pflichtmitgliedschaft in den Kammern

Von einem Ende der Pflichtmitgliedschaft in den Kammern, die – im Wahlprogramm der FPÖ – verankert im Vorfeld im Raum stand, war bei der Präsentation der ersten Punkte aus dem Regierungsprogramm dagegen keine Rede mehr. Wohl nicht nur wegen der dafür notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament, sondern auch, weil bei diesem Punkt mit großer Gegenwehr insbesondere der großen, an Mitgliedern starken Kammern, der Arbeiter- und die Wirtschaftskammer, zu rechnen gewesen wäre. Arbeiterkammer-Präsident Rudi Kaske hatte im Interview mit der "Wiener Zeitung" moniert, dass "diese Debatte von jenen angefacht wird, die die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschneiden wollen, nicht von den Mitgliedern."

Auch Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich hatte da schon während der Regierungsverhandlungen mehrfach vor einem "Ende des sozialen Friedens und Stabilität" in Österreich gewarnt, ein wirtschaftliche Stärke, die auch internationale Investoren schätzen, sagte er im Interview mit der Wiener Zeitung: " Wenn einige wenige Solidarität jetzt durch Egoismus ablösen wollen, dann entspricht das nicht der österreichischen Seele." Solche Einsparungen seien laut Leitl keine nachhaltigen: "Wenn einige jetzt glauben, sie können sich durch die Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft ein bisserl was sparen, sei ihnen gesagt: Sie werden es an anderer Stelle mehrfach bezahlen müssen. Deshalb sage ich, nicht ruinieren, wohl aber reformieren."

Die Arbeiterkammer hat 3,64 Millionen Mitglieder, rund 2,8 Millionen davon bezahlten 2016 rund 432,6 Millionen Euro an Mitgliedsbeiträgen. Kaske betonte aber, dass dem 532 Millionen Euro gegenüber stünden, die sie für ihre Mitglieder erstritten hätte. Die Mitgliederstatistik der WKÖ widerum weist für das vergangene Jahr 506.145 aktive Kammermitglieder aus. Die Arbeitgebervertretung finanziert sich über Umlagen. Zuletzt waren dies rund 670 Millionen Euro.

Leitl hat mit seiner Kammerreform "WKÖ 4.0", die die Wirtschaftskammer-Mitglieder um bis zu 100 Millionen Euro jährlich entlasten soll, bereits vorgelegt. Die Arbeiterkammer hat 2016 Mal schauen, wie die Arbeiterkammer auf den "Reformauftrag" der Regierung reagiert.