Kritik von Verfassungs- und Umweltrechtlern an Standortentwicklungsprojekt - "Das wird nicht halten."
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Wien. Entweder noch diese Woche, spätestens aber Anfang der kommenden Woche will die Regierung ein Gesetz in Begutachtung schicken, dass die Realisierung wichtiger Großprojekte schneller ermöglichen soll. Das hatte sich die Regierung in ihr Arbeitsprogramm geschrieben, im Ministerrat am Mittwoch wurde nun formal die zuständige Ministerin Margarethe Schramböck (ÖVP) aufgefordert, ein "Standortentwicklungsgesetz" vorzulegen. Tatsächlich ist es natürlich schon länger in Erarbeitung.
Die grundsätzliche Idee dahinter: Projekte von großer Relevanz für den Wirtschaftsstandort sollen schneller als bisher realisiert werden können und Genehmigungswerber eine höhere Planungssicherheit erhalten. Wie Schramböck erklärt, soll es bei solchen Projekten eine automatische Genehmigung geben, wenn eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach 18 Monaten noch nicht abgeschlossen ist.
Geplant ist, dass die Landeshauptleute ein Projekt in ihrem Bundesland als standortrelevant anmelden, eine Kommission prüft dann und gibt der Regierung eine Empfehlung ab. Zweimal im Jahr entscheidet diese im Ministerrat, ob ein Projekt so wichtig ist, dass es "standortrelevant" ist. Im Ministerium rechnet man mit circa 15 Anträgen pro Jahr nach dem neuen Gesetz.
Eva Schulev-Steindl, Universitätsprofessorin für Öffentliches Recht und Wirtschaftsrecht an der Uni Graz und Spezialistin für Umweltrecht, hält dieses Vorgehen ebenso wie die Verfassungsrechtler Heinz Mayer und Bernd-Christian Funk für unzulässig. "Ich kann mir schwer vorstellen, dass dies verfassungsrechtlich hält", sagt Schulev-Steindl. Sie sieht unter anderem auch grundrechtliche Probleme dieser Konstruktion. Der Staat habe, sagt sie, aktive Schutzpflichten. Erteilt er künftig auch ohne abgeschlossenes UVP-Verfahren eine automatische Genehmigung, nur weil es zu Verzögerungen im Verfahren gekommen ist, könnte dies potenziell gesundheitsgefährdend sein. Unter anderem darum geht es ja bei einem UVP-Verfahren.
Heinz Mayer gibt auch zu bedenken, dass sich der Ausgang einer Prüfung künftig leicht manipulieren ließe. "Die Behörde braucht ja nur nichts zu tun, wenn sie ein Projekt genehmigt haben will, und dann ist es genehmigt", sagt er. Auch die Projektbetreiber, so der Verfassungsrechtler, könnten die Prüfung bewusst verzögern, um einen positiven Bescheid durch Fristablauf zu erreichen.
Verzögerung durch Betreiber
Tatsachlich zeigt eine Auswertung des Ökobüros, eines Dachverbandes von Umwelt-NGOs, dass es seit dem Jahr 2000 bei mehr als 40 Prozent aller UVP-Verfahren zu Verzögerungen gekommen ist, da die Genehmigungswerber Unterlagen nicht vollständig eingereicht haben. Im Durchschnitt habe dies zu einer Verzögerung von neun Monaten geführt.
Dass manche Verfahren sehr lange dauern, ist freilich eine Tatsache, wobei es dafür unterschiedliche Gründe gibt, etwa auch Abänderungen während der Planungsphase. Ein Phänomen in jüngerer Vergangenheit ist, dass in UVP-Verfahren nicht nur die Umweltverträglichkeit geprüft wird, sondern auch in einem Widerspruch stehende Umweltinteressen gewichtet werden müssen.
So verschlechtern Wasserkraftwerke zwar die Wassersituation, sagt Schulev-Steindl, andererseits erzeugen sie CO2-freien Strom. "Aber es wird dadurch eben auch Natur zerstört." Lange Verfahren gibt es auch für die E-Wirtschaft, sowie den Bahn- und Straßenausbau, da es um Projekte über viele, viele Kilometer geht.
Im Ministerium geht man von einer unions- und verfassungsrechtlichen Konformität des Gesetzes aus und verweist auf die Begutachtungsfrist, wenn das Gesetz ausformuliert.