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ÖVP und Grüne ringen mit eigenen Diskussionsrunden um Novellen im Justizbereich.
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Dass sich die Regierungsparteien ÖVP und Grüne in vielen Fragen uneins sind, ist nichts Neues. Dass eine Strafrechtsreform zu diesen Fragen gehört, auch nicht. Neu ist aber, dass die Parteien nun mit eigenen Veranstaltungen für ihren Ansatz werben. Vergangene Woche lud Justizministerin Alma Zadic zu einem "Justiz Dialog", um vor Fachpublikum für eine Bundesstaatsanwaltschaft nach dem Vorschlag zu werben, den teils unabhängige Experten für das Justizministerium erarbeitet haben.
Die ÖVP programmierte für Montag eine Art Gegenprogramm im Parlament. Eingeladen wurden Vertreter der Justiz, Politik und Anwaltschaft von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Anwesend war er dafür nicht, er ist auf Dienstreise in Georgien.
"Es geht hier nicht um ÖVP-Politiker"
Inhaltlich wurde das Thema Bundesstaatsanwaltschaft im Parlament zuerst gezielt ausgelassen. Stattdessen ging es um einen Ausbau der Beschuldigtenrechte und für notwendig befundene Reformen der Strafprozessordnung.
Moderator und Vortragender war Peter Lewisch, Universitätsprofessor der Universität Wien. Dieser geriet in der Vergangenheit in die Kritik, weil er für die Volkspartei im November 2021 ein Gutachten erstellte, in dem er das Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden im Fall Sebastian Kurz kritisierte.
Für eine Regierungsbeteiligung sorgte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP). Sie sprach sich in ihrer Rede für strengere Regeln bei Handydaten-Sicherstellungen aus und will ein Zitierverbot für Medien. Ihre Begründung: die Unschuldsvermutung. Medien müssten sich nicht fürchten, sie würden immer noch Zwinker-Smileys auf ihren Titelseiten abdrucken können, versprach die Verfassungsministerin. "Es geht hier nicht um ÖVP-Politiker", stellte Edtstadler außerdem klar.
Sie sprach sich auch für einen Kostenersatz bei Freisprüchen aus: "Es ist eines Rechtsstaats unwürdig, wenn Freigesprochene auf den Kosten sitzen bleiben." Damit läuft sie bei ihrer Amtskollegin Zadic offene Türen ein. Aus dem Justizministerium heißt es, dass ein Kostenersatz kommen sollte, es dafür aber das Finanzministerium brauche, weil das eine Mehrbelastung im dreistelligen Millionenbereich bedeute.
Edtstadler mit Kritik an Justizministeriumsentwurf
Am Ende war es auch Edtstadler, die die Bundesstaatsanwaltschaft thematisierte. Sie kritisierte den Vorschlag des Justizministeriums indirekt und sprach sich einmal mehr für eine einzelne Behördenspitze aus. Eine Kontrolle sollte über das Parlament erfolgen, wer hier von Parteipolitik spreche, tue dem Nationalrat unrecht.
Das Symposium ist nicht das erste Mal, dass Sobotka eine Parlamentsveranstaltung ins Leben ruft, um über Befugnisse von Staatsanwaltschaften zu sprechen. Kurz bevor der ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss anfing, lud er schon zu einer Diskussion über Beschuldigtenrechte. Damals war das Podium vor allem mit Personen besetzt, die den derzeit geltenden Befugnissen der Strafverfolgungsbehörden kritisch gegenüberstanden. Schon dort kritisierten sie etwa die einfache Auswertung von Mobiltelefon-Inhalten.