Einen Konsens fand man gestern im Ministerrat zu zwei zuletzt heiß diskutierten Materien. Einerseits wird der geplante Integrationsvertrag nicht nur für Neuzuwanderer gelten. Andererseits werden so bald wie möglich Fingerprints für Asylanten eingeführt. Beides Schritte, die von der FPÖ in den vergangenen Tagen konsequent angesteuert wurden.
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Sowohl FPÖ-Klubchef Peter Westenthaler als auch Innenminister Ernst Strasser hatten vergangenen Freitag nach der ersten Verhandlungsrunde zum Integrationsvertrag von einem "guten Gesprächsklima" gesprochen. Diese Woche wollte man sich wieder treffen.
Unterdessen kam es bereits im gestrigen Ministerrat zu einem breiten Konsens. Den Eckpunkten zu Folge soll der Integrationsvertrag auch für bereits hierzulande lebende arbeitslose Ausländer sowie für Schlüsselarbeitskräfte und deren Familienangehörige gelten. Auch wer eine so genannte Aufenthaltsverfestigung anstrebt, wird die Kurse belegen müssen.
Lediglich bei der Finanzierung gebe es laut Strasser weiteren Verhandlungsbedarf. Hatte dieser zuvor noch von einer Aufteilung 90:10 (Staat:Selbstbehalt) gesprochen, näherte man sich gestern dem FPÖ-Vorschlag. Demnach soll 50 Prozent der Kosten der Bund bzw. Arbeitgeber übernehmen, für die restlichen 50 Prozent strebt man eine finanzielle Beteiligung der Gebietskörperschaften bzw. von NGOs an. Möglich wäre aber auch ein 50prozentiger "Selbstbehalt" für die Betroffenen.
Auch Sanktionsmaßnahmen wurden schon festgeschrieben. Bei Nicht-Erfüllung der Bedingungen drohen ein Absenken bzw. gänzlicher Verlust der Kostenbeteiligung des Bundes, "verhältnismäßige Geldbußen" sowie ein Auslaufen des Aufenthaltsrechts bzw. die Verweigerung des Niederlassungsnachweises.
Die Kurse sollen neben Deutschkenntnissen auch Landeskunde sowie praktische Ratschläge etwa für Behördenwege vermitteln.
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sprach im Pressefoyer von einem "wichtigen Beitrag zur Integration von Ausländern in der österreichischen Gesellschaft". FPÖ-Klubchef Westenthaler sieht in den Eckpunkten seine ursprünglichen Forderungen großteils umgesetzt und zeigte sich angesichts dessen "geradezu glücklich".
Auch in der zuletzt heftig geführten Asyldebatte zeigten sich die Koalitionsparteien gestern auf Regierungsebene auf einer Linie: Die Genfer Flüchtlingskonvention sei eine ausreichende Grundlage. Als eines der ersten europäischen Länder wird Österreich aber so bald wie möglich Fingerprints für Asylanten einführen. Westenthaler zeigte sich hier zurückhaltender als in den vergangenen Tagen. Hatte er zuletzt noch "Fingerprints für alle" gefordert, so meinte er gestern, ein österreichischer Alleingang in dieser Sache wäre "ein Schwachsinn". Was eine "Verschärfung" des Asylrechts anbelangt, sprach er hier nun ausschließlich von der geplanten Verfahrensbeschleunigung. Ebenso kreidete Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer die lange Dauer von Asylverfahren an.
Ein neuerlicher Querschuss kam aus Kärnten: LH Jörg Haider kündigte - ungeachtet dessen, dass er nicht dem Nationalrat angehört - eine parlamentarische Anfrage an Strasser zum Asylgesetz an.
Massive Kritik an Haider kam einmal mehr von der Opposition. Wiens Bürgermeister Michael Häupl forderte dessen Rückzug aus der Innenpolitik. SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer warf ihm "skrupellose Verhetzung" vor. Seitens der Grünen wurde eine "xenophobe Stimmungsmache" kritisiert.
Finanzspritze für Afghanistan und Pakistan
Der Ministerrat hat in seiner Sitzung überdies eine weitere Finanzhilfe für Afghanistan und Pakistan beschlossen. Ziel sei, den Flüchtlingen die Chance zu geben, in der Region zu bleiben und so bald es möglich sei, wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Die Bundesregierung stellt dafür zusätzliche Mittel in Höhe von einer Million Dollar zur Verfügung, und zwar über das hinaus, was die EU bereits tue.