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Regierungskritik als Wahlschlager

Von Veronika Gasser

Politik

Mitten im Wiener Wahlkampf tagt der Klub der Wiener SPÖ. Im Zentrum stehen die Wahl im März und die Leitlinien für eine Politik danach, die Vorsitzender Michael Häupl in sechs Punkten skizzierte. Zuerst wurden die Genossen von Klubobmann Johann Hatzl noch zur großen Mandatsrückholaktion eingeschworen: "Jede Stimme ist ein Signal gegen den Bund."


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Dabei erhofft man sich ein leichtes Spiel. "Denn ein Großteil der Wiener Bevölkerung ist mit der Bundesregierung unzufrieden, hat sie doch jede Menge unzumutbare Scheußlichkeiten eingeführt", betont Hatzl. Deshalb werde die SPÖ die Wiener warnen, damit sie dieser unsozialen Politik nicht mehr auf den Leim gehen. Die FPÖ, so Hatzl, tut in Wien als wäre sie Oppositionspartei, obwohl sie im Bund seit einem Jahr die Politik gestaltet: "Wer jetzt noch FPÖ wählt, muss als Masochist bezeichnet werden, dem sein eigenes Leben nichts wert ist." Der positive Schwenk von Bernhard Görg in Richtung Bundesregierung sei nicht zu verstehen.

An diese Warnungen vor Blau knüpfte das Referat von Bürgermeister Michael Häupl an. "Wir bauen auf, die Bundesregierung zerstört." So habe es diese Regierung geschafft, die höchste Staatsquote der 2. Republik einzuführen.

Bei Forschung und Technologie gebe es einen Investitionsstopp. Die Universitäten- und Wissenschaftsförderung wurde vom Bund zurückgeschraubt. "Es geht um mehr als um ein sparwütiges Vorgehen, es geht um die Zerstörung der Zukunft unserer Kinder." Häupl weist dann auf zwei besonders krasse Beispiele hin: An einem geisteswissenschaftlichen Institut wären die Mittel so knapp, dass das Geld fehle, "damit sie sich Bleistifte kaufen können. Da wissen s' nicht, sollen wir Bleistifte oder Klopapier kaufen." Und an der Uni-Wien lagerten die Computer in Schachteln, weil das Geld für Anschlusskabel fehle. Dem folgte sofort der Apell an Grasser und Gehrer: "Spart nicht bei der Zukunft unserer Kinder." Unter demselben Motto startet die Wiener Regierung eine Unterschriftenaktion zur Sicherung des Bildungssystems. "Denn wer braucht Abfangjäger?" fragt Häupl die Anwesenden und gibt selbst die Antwort: Kein Mensch. Stattdessen fordert er: "Gebt das Geld den Kindern!"

Reizthema Privatisierung

Ein weiteres Reizthema ist für den Bürgermeister die Privatisierung, die von Prinzhorn & Co im Eigeninteresse vorangetrieben werde. Da sei keine Rede mehr von österreichischen strategischen Interesse. Problematisch für den Bürgermeister, der sich nach der Wahl einen Koalitionspartner suchen muss: Die Wiener ÖVP bläst ebenfalls ins Privatisierungshorn. "Doch ich denke nicht daran, die Wiener Wasserver- und Entsorgung Privaten zu überlassen."

Ingesamt sieht er den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft durch den scharfen Sozialabbau gefährdet: "Da wird abstrakt mit Milliarden jongliert, doch die blanke Realität ist, dass Familien das Einkommen drastisch reduziert wird." Fleißig und tüchtig sei die Regierung beim Unterbringen der eigenen Gefolgschaft. Häupl kam natürlich auf sein Lieblingsthema der letzten Zeit, die Infrastruktur zu sprechen: "Es ist notwendig vom alten Konzept der Kopfbahnhöfe der Kaiserzeit abzukommen." TEN-Knoten seien das Gebot der Stunde, auch im Hinblick auf die EU-Erweiterung. Auch müsse der öffentliche Verkehr als alternatives Angebot zum Auto verbessert werden.

"Die ÖVP hat einen putzigen Vorschlag. Wenn ein Ausländer Deutsch und Heimatkunde beherrscht, kriegt er eine Gemeindewohnung." Doch von solchen Bedingungen distanziert sich der SP-Politiker. Wohnungen der Stadt müssten bei Bedürftigkeit zur Verfügung stehen. Auch der Verkauf derselben käme nicht in Frage.

Die Leitrede Häupls steckte die Felder künfiger Partnerschaften ab und schwor die Anwesenden auf die letzte Wahlkampfrunde ein. Insgesamt kam es zu einer Abrechnung mit der FPÖ sowie mit Noch-Koalitionspartner ÖVP. Einzig in einem Punkt waren auch die Grünen ein SP-Angriffsziel. Sie wurden als antihedonistische Partei bezeichnet, die sich gegen alles sträube, was mit Wohlfühlen zu tun habe.