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Regierungsmacht im Visier

Von Martyna Czarnowska

Politik
Erster Rückschlag für Kopacz gleich nach ihrem Amtsantritt.

Kommunalwahlen in Polen geben der größten Oppositionspartei PiS Auftrieb vor den kommenden Urnengängen.


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Warschau. Sehr viel Arbeit - das habe seine Partei in den nächsten Monaten vor sich. Der polnische Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski zeigte sich nach den Kommunalwahlen am Sonntag motiviert. Denn die ersten Ergebnisse des Urnengangs können seiner Fraktion Recht und Gerechtigkeit (PiS) auch Auftrieb geben. Demnach erhielt die national-konservative Gruppierung fast ein Drittel der Stimmen. Die regierende Bürgerplattform (PO) von Ministerpräsidentin Ewa Kopacz kam auf etwas mehr als 27 Prozent, was einen Verlust von etwas mehr als drei Prozentpunkten gegenüber 2010 bedeutet. Gewinne konnte allerdings ihre Koalitionspartnerin, die Bauernpartei PSL, verzeichnen. Sie kam auf rund 17 Prozent.

Herbe Verluste mussten derweil die Fraktionen auf der linken Seite des politischen Spektrums hinnehmen. Für das Bündnis der Demokratischen Linken (SLD) stimmten vor vier Jahren fast doppelt so viele Menschen wie jetzt. Nun kommt SLD gerade einmal auf knapp neun Prozent.

Allerdings konnte die staatliche Wahlbehörde auch am Montag noch kein Endergebnis des Votums bekannt geben, bei dem die Bürgermeister, Provinzparlamente sowie andere lokale Vertretungen bestimmt wurden. Technische Probleme mit dem EDV-System hatten zu Verzögerungen geführt. Sicher war lediglich, dass nur knapp die Hälfte der Wahlberechtigten zu den Urnen gegangen war.

Doch selbst die Trends weisen auf Verschiebungen in der polnischen Innenpolitik hin, die sich bereits bei den Europawahlen im Mai abgezeichnet haben. Schon im Frühling hatte die PO nur noch einen dünnen Vorsprung vor PiS. Und nun wäre ein Sieg für Kaczynskis Fraktion nicht nur der erste über die Bürgerplattform seit neun Jahren, sondern auch ein gutes Omen für das kommende Wahljahr. Da stehen nämlich Parlaments- und Präsidentschaftswahlen an.

Dass die PO nach fast zehn Jahren an der Macht an Sympathie unter den Wählern eingebüßt hat, ist in Umfragen schon seit längerem zu sehen. Zusätzlich schwächen könnten sie nun innerparteiliche Differenzen über den künftigen Kurs, die sich seit dem Amtsantritt der neuen Ministerpräsidentin verstärkt haben. Kopacz hat ihre Funktion erst vor kurzem von Donald Tusk übernommen, der wiederum am 1. Dezember Herman Van Rompuy als EU-Ratspräsident ablöst.

Mittlerweile kann die Regierungspartei auch in großen Städten, in denen sie fester verankert ist als im ländlichen Bereich, nicht automatisch von einem Wahlerfolg ausgehen. So müssen sich nun auch einige langjährige Bürgermeister aus den Reihen der PO - oder dieser nahestehend - einem zweiten Wahlgang stellen, was vor vier Jahren nicht nötig war. Das betrifft etwa die Stadtchefs von Danzig und Breslau, aber ebenso die Bürgermeisterin Warschaus, Hanna Gronkiewicz-Waltz.

Auch in bestimmten Wählerschichten verliert die Bürgerplattform an Unterstützung. Kann sie weiterhin mit etlichen Stimmen der 30- bis 39-Jährigen rechnen, dürften jüngere Wähler diesmal ihr Kreuz öfter bei PiS als bei PO gemacht haben. An der groben geografischen Verteilung der Stimmen hat sich hingegen kaum etwas geändert: Während im Westen die liberale Gruppierung dominiert, ist es im Osten Kaczynskis Fraktion.

Pannen mit Nachspiel

Die technischen Pannen bei der Auszählung, die teilweise bis zur völligen Lähmung bei der Übermittlung der Listen geführt und für Chaos in den Wahllokalen gesorgt haben, sollen übrigens ein Nachspiel haben. Die Oberste Kontrollbehörde wird den Vergabeprozess beim Aufbau des Informationssystems für die Wahlbehörde überprüfen. Das System wurde erst vor wenigen Monaten installiert.