Zum Hauptinhalt springen

Regierungsprogramm - der Lack ist ab

Von Peter Kolba

Gastkommentare
Peter Kolba ist Klub obmann der Liste Pilz. Jeden Dienstag lesen Sie an dieser Stelle den Kommentar eines Vertreters einer Parlamentspartei.

Die Regierung will offensichtlich - ohne Kooperation mit der Opposition - ihre Maßnahmen durchpeitschen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Schwarz-Blau II hat kurz vor Weihnachten ihr Regierungsprogramm vorgelegt. Die FPÖ bekam das Thema "Sicherheit" zugesprochen und stellt nun mit dem Innen- und dem Verteidigungsminister die Aufsicht über die bewaffneten Mächte Polizei und Militär und bekam die Kontrolle über alle drei Geheimdienste ausgeliefert. Dafür darf die ÖVP - in Erfüllung der Erwartungen ihrer Großspender - die Interessen der Reichen, der Konzerne und der Immobilienhaie verfolgen und Jagd auf Sozialleistungen machen. Da ist die FPÖ - bisher Vertreterin des sprichwörtlichen "kleinen Mannes" - schlicht umgefallen.

Doch die wahren Giftzähne des Regierungsprogrammes sind hinter Begriffen wie "Evaluierung" und "Subsidiarität" noch gut versteckt. Gesetze vor 2000 sollen evaluiert und entrümpelt werden. Das Konsumentenschutzgesetz stammt aus 1979. Weg damit? Wohl nicht, aber alles was über das (niedrigere) Verbraucherschutzniveau der EU hinausgeht, könnte so gestrichen werden. "Evaluierung" kommt im Programm inflationär vor, in vielen Bereichen blühen uns daher Überraschungen. Nach den Landtagswahlen, wenn die Evaluierung abgeschlossen und die Maßnahmen öffentlich werden.

Auch "Subsidiarität" muss nichts Gutes heißen. So wurde von der EU-Kommission aus dem Gedanken der Subsidiarität 2013 statt einer Richtlinie für europäische Sammelklagen nur eine Empfehlung erstellt. Die wird derzeit evaluiert. Und oh Wunder, nur sieben Staaten haben Änderungen gemeldet. Österreich sah keinen Handlungsbedarf. Die Wirtschaftslobby hatte sich durchgesetzt. Das Ergebnis heute: In den USA muss VW für den Abgasbetrug über 20 Milliarden (!) Euro an Strafe und Schadenersatz zahlen; in Europa kommt VW mit einem intransparenten Software-Update davon und bietet keinen Cent an. Unrecht lohnt sich.

Die Liste Pilz hat im Plenum zur Regierungserklärung eine "Nagelprobe" gemacht und eine Reihe von Entschließungsanträgen eingebracht, die alle von der schwarz-blauen Mehrheit zu später Stunde niedergestimmt wurden: Rasche Schaffung einer Sammelklage - nein. Unterhaltsvorschuss neuregeln gegen Kinderarmut - nein. Nichtigkeitsklage gegen neues Atomkraftwerk Paks II in Ungarn - nein. Fortsetzung des Ausstiegs aus dem Eurofighter-Vertrag - nein. Volksabstimmung über Ceta - nein. Maßnahmen gegen den Entzug der Stellung Wiens als Weltkulturerbe (Heumarkt) - nein.

Man kann also sagen: "Der Lack ist ab." Vieles wurde im Wahlkampf versprochen, doch in zentralen Punkten gilt das offenbar nicht mehr. Die Regierung will offensichtlich - ohne Kooperation mit der Opposition - ihre Maßnahmen durchpeitschen. Dazu gehört nicht nur, dass jede Anregung niedergestimmt wird, sondern auch, dass die eigenen Maßnahmen rasch und ohne Diskussion durchgebracht werden. Für das Gesetz zur Besoldung der Beamten und das Bundesministeriengesetz blieben wenige Stunden, diese umfassenden Werke vor der Beratung im Ausschuss ernsthaft zu prüfen.

Wenn dieser Stil so weitergeht, wird die parlamentarische Arbeit entwertet. Die Liste Pilz wird daher einen Antrag einbringen, dass die Sitzungen aller Ausschüsse medienöffentlich sein sollen. Wenn die Regierung keinen Wert auf sachlichen Diskurs legt, sollen das die Wähler wissen.