Die Corona-Krise hat dem stationären Handel zugesetzt. Kunden verirren sich aber auch nur selten in die Online-Shops kleiner Händler. Die Produktsuchmaschine Anna-kauft will das nun ändern.
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Marktplätze prägen seit Jahrtausenden das Bild großer Städte und kleiner Ortschaften. Bauern, Händler und Handwerker verkaufen ihre Waren und Dienstleistungen, ohne dafür ein eigenes, fixes Geschäftslokal betreiben zu müssen. Das Erfolgsmodell hat sich auch in der digitalen Welt durchgesetzt. US-Internetriese Amazon hat sich etwa vom Online-Buchhändler in den 1990er Jahren zum Online-Marktplatz Nummer eins entwickelt, der neben eigenen Produkten auch die Produkte anderer Händler vertreibt.
Die Zahl der Online-Einkäufe wächst stetig, auch in Österreich - zuletzt noch einmal befeuert durch die Corona-Krise und die Lockdowns, die den stationären Handel schwer getroffen haben. Und auch wenn österreichische Händler etwa via Amazon ihre Produkte online verkaufen können, tun sie das mitunter nicht gerne. Ebenso bei den Kunden steht das Unternehmen wegen Steuerflucht, Überwachung von Mitarbeitern und regem Datensammeln in der Kritik.
Regional einkaufen, bewusst konsumieren - und das Ganze bequem online - will Anna-kauft nun in Österreich zusammenbringen. Bereits im März 2020 startete der selbständige Programmierer Florian Bauer die regionale Suchmaschine für österreichische Online-Shops, um etwas gegen die Corona-Krise zu tun. Innerhalb einer Woche war die Seite live. Im Herbst folgte die Produktsuche auf der Seite. Diesen Montag erfolgte nun der Relaunch der Plattform in Kooperation mit dem Handelsverband. "Unser gemeinsames Ziel ist die Unterstützung österreichischer Online-Händler durch mehr Sichtbarkeit im Netz. So können wir die digitale Transformation vorantreiben", erklärt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes, in einer Aussendung. "Alle österreichischen Online-Shop-Betreiber können sich ab sofort gratis bei Anna-kauft.at anmelden und ihren Shop registrieren", erklärt Bauer. Bis dato sind bereits 84.000 Produkte von rund 2000 Online-Shops zu finden. Die Seite hat im vergangenen Jahr mehr als 100.000 Menschen auf die Websites von österreichischen Online-Shops geleitet.
Einfach, schnell und sicher muss es sein
Durch die Partnerschaft mit dem Handelsverband und dessen Webshop-Verzeichnis kaufsregional.at sollen zeitnah weitere 5000 Händler gelistet werden. "Aktuell werden die Online-Shops der Händler von unserer Crawler-Technologie täglich automatisch aktualisiert. Zusätzlich gibt es nun die Möglichkeit, alle Onlineshop-Systeme mittels Produktfeeds anzubinden und tagesaktuell ohne Mehraufwand in der Suchmaschine listen zu lassen", sagt Bauer. "So möchten wir das größte Produktverzeichnis österreichischer Händler werden und die Suchergebnisse stetig verbessern."
Jetzt gehe es zunächst einmal um Traffic und Reichweite, erklärt Bauer. "Wenn irgendein kleiner Händler einen Online-Shop hat, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand dahin verirrt, sehr gering. Da müssen Händler recht viel Geld in die Hand nehmen, in Form von Werbung etc., damit wirklich Traffic auf die Seite kommt", so der Programmierer. Anna-kauft könne dieses Problem auch lösen.
Das Thema Convenience sei der nächste Schritt, der 2021 realisiert werden soll. Das Einkaufen online müsse einfach, schnell und sicher funktionieren. In Zukunft will die Plattform auch Kaufprozesse und Shoppingfunktionalitäten übernehmen. Aber auch umweltbewusstes Konsumieren ist Thema, so soll der CO2-Abdruck der Produkte berechnet und verglichen werden können.
Anna-kauft soll sich also langfristig von der regionalen Produktsuchmaschine zu einem Marktplatz für Österreichs Händler entwickeln. Eine Idee, die mehr oder weniger auch andere verfolgt haben, wie etwa das Kaufhaus Österreich.
Das Online-Händlerverzeichnis vom Wirtschaftsministerium und der Wirtschaftskammer erntete zum Start im vergangenen November zahlreich Kritik wegen zweifelhafter Sucherergebnisse oder schlechter Nutzbarkeit. "Die User suchen Produkte, keine Händler", sagt Florian Bauer. Das Projekt wurde in der Branche und in Medienberichten als "Rohrkrepierer" bezeichnet. Auf Nachfrage der "Wiener Zeitung", ob das Projekt nun eingestampft werde, gibt das Ministerium Auskunft, dass "derzeit die bestehenden Komponenten überprüft und mögliche Weiterentwicklungen evaluiert werden". Die Seite habe bisher 12,5 Millionen Klicks generiert, die Anzahl der Händler habe sich in den ersten Wochen nach dem Start mehr als verdreifacht, so das Ministerium.
Shöpping.at, ein Tochterunternehmen der Österreichischen Post, ist auch angetreten, Österreichs Händler online zu vertreten. Geschäftsführer Robert Hadzetovic sagte im November dem Magazin "Cash", dass es seit dem Start 2017 knapp zwei Jahre gebraucht habe, um auf etwas mehr als 600 Händler zu kommen. Anfang Oktober 2020 sei die 1.000er-Marke geknackt worden. Ende 2021 will Shöpping 1100 Händler gelistet haben. 2,3 Millionen Produkte seien bereits im Angebot.
Die Plattform konnte bis dato aber nicht ganz überzeugen. Nutzer kritisieren den fehlenden bzw. mangelhaften Kundenservice, die lange Zustellungsdauer oder sonstige Lieferprobleme. Aus Sicht Hadzetovics hat der österreichische Markt in Sachen E-Commerce jedenfalls Wachstumspotenzial. Auf einen österreichischen Haushalt kommen jährlich 50 Pakete mit Online-Bestellungen. Zum Vergleich: In den USA oder Großbritannien ist dieser Wert je nach Region fünf- bis zehnmal so hoch. Fragt sich nur, welcher Anbieter sich bei den Nutzern neben Amazon und Co durchsetzen können wird.