Registrierkassenpflicht wird ab 1. Mai 2016 eingeführt. Maßnahme "verhältnismäßig" und im Sinne der Betrugsbekämpfung.
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Wien. Die Wirtschaft dürfte sich über das jüngste Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) nicht freuen. Dieser kommt nämlich zum Schluss: Die Registrierkassenpflicht ist nicht verfassungswidrig. Begründet wird die Entscheidung damit, dass die Maßnahme geeignet sei, Steuermissbrauch zu ahnden und dem entgegenzuwirken.
"Das ist nach Meinung des Verfassungsgerichtshofes ein öffentliches Interesse, das es rechtfertigt, diese Regelungen zu erlassen - und zwar auch mit Blick auf Kleinunternehmen ist diese Registrierkassenpflicht zulässig. Sie ist auch bei Kleinunternehmen nicht unverhältnismäßig", sagte VfGH-Präsident Gerhart Holzinger am Dienstag vor Journalisten.
Eine Korrektur des Gesetzes gab es allerdings. Die Registrierkassenpflicht gilt erst ab 1. Mai 2016 und nicht wie ursprünglich geplant ab dem 1. Jänner dieses Jahres. Zudem dürfen nicht die Umsätze des Geschäftsjahres 2015 für das Überschreiten der Umsatzgrenze herangezogen werden, sondern jene aus den ersten vier Monaten dieses Jahres.
WKO "bedauert" Urteilzu Registrierkassenpflicht
Drei Unternehmer waren wegen der Registrierkassenpflicht vor Gericht gezogen. Eine nebenberufliche Schmuckdesignerin, ein Taxiunternehmer und eine Tischlerei sahen in der Einführung einen unverhältnismäßig hohen Aufwand für Unternehmer. Der VfGH urteilte hier anders.
In der spätern Einführung sieht man aber einen "Teilerfolg, den wir vor allem für die kleinen und mittleren Unternehmen erzielt haben", sagte die Anwältin der Kläger, Veronika Cortolezis. Auch die Wirtschaftskammer (WKO) ist ob des Urteils nicht gerade erfreut. "Es ist bedauerlich, dass der Verfassungsgerichtshof den drei Unternehmern nicht in allen Punkten recht gegeben hat", sagte René Tritscher, Obmann der Bundessparte Handel in der WKO, zur "Wiener Zeitung".
Erfreulich sei allerdings die Aufschiebung der Einführung und die Tatsache, dass jetzt Rechtssicherheit herrsche. Über "die Rechtssicherheit" freut sich auch Wirtschaftsminister und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) in einer Aussendung.
Mit dem Urteil des VfGH ändert sich vorerst nichts mit Ausnahme des Einführungszeitpunkts. Weiterhin gilt: Ab einem Jahresumsatz von 15.000 Euro und Barumsätzen von mehr als 7500 Euro je Betrieb, muss künftig jede einzelne Einnahme elektronisch aufgezeichnet und ein Beleg ausgestellt werden.
Ab 2017 gilt zusätzlich die "Registrierkassensicherheitsverordnung" (RKS-V). Ab dann müssen alle Kassen, etwa mittels Chip und Software, manipulationssicher sein. Umsätze dürfen also im Nachhinein nicht geändert oder gelöscht werden. Unter die Registrierkassenpflicht fallen rund 60 Prozent oder 150.000 aller heimischen Betriebe, vorwiegend im Handel und in der Gastronomie.
Die Maßnahme wurde im Rahmen der Gegenfinanzierung der rund fünf Milliarden Euro schweren Steuerreform eingeführt. 900 zusätzliche Millionen Euro pro Jahr sollen dadurch in die Staatskassen fließen. Dass man wegen der späteren Einführung weniger einnehmen wird, glaubt man auf Nachfrage im Finanzministerium nicht. "An die 900 Millionen ändert sich nichts", sagte ein Sprecher.
VfGH bestätigt Verbot von Sterbehilfe-Verein
In einem anderen Fall hat der VfGH entschieden, dass die Gründung des Vereins "Letzte Hilfe - Verein für ein selbstbestimmtes Sterben" zu Recht untersagt wurde. Betrieben hatte die Gründung des ersten österreichischen Sterbehilfe-Vereines die "Initiative Religion ist Privatsache" rund um den im Vorjahr verstorbenen Physiker Heinz Oberhummer. 2014 hatte die Polizeidirektion Wien den Antrag auf Vereinsgründung abgelehnt und in der Folge das Verwaltungsgericht Wien das Verbot bestätigt. Auch der Gang zum Höchstgericht half nichts: Die Untersagung des Vereines unter Berufung auf das Verbot der Sterbehilfe ist nicht verfassungswidrig, urteilten die Verfassungsrichter.
Der VfGH muss sich zudem weiterhin mit der Bad Bank Heta beschäftigen. Mehrere in- und ausländische Versicherungen halten das Rückkaufangebot Kärntens für landesbehaftete Anleihen, das am Freitag ausgelaufen ist, für verfassungswidrig. Dieses sei aus Sicht der Kläger verfassungswidrig, weil es jene Gläubiger, die das Angebot annehmen, besser stelle als jene, die es ablehnen. Auch im Falle einer Pleite Kärntens, wäre der VfGH zuständig. Ein Insolvenzrecht für Länder gibt es nicht.