Zum Hauptinhalt springen

Rehn will nicht an EU-Verträgen rütteln

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Nein zu Euro-Exit oder EWF: Strengere Euro-Überwachung ist "zu dringend". | Defizitsündern könnten EU-Mittel gestrichen werden. | Brüssel. Die EU-Kommission feilt an Vorschlägen für ein strengeres Überwachungs- und Sanktionssystem für die Eurozone und die EU, um Katastrophen wie die griechische in Zukunft zu vermeiden. Die jüngsten Entwicklungen in der Eurozone und der Fall Griechenland hätten gezeigt, dass eine stärkere Koordinierung der Wirtschaftspolitik notwendig sei, sagte Wirtschaftskommissar Olli Rehn am Mittwoch.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Dabei beharrte er jedoch darauf, dass die Maßnahmen "innerhalb des heutigen Vertragsrahmens" liegen müssten. Denn eine strengere Überwachung der Eurozone sei "zu dringend" für eine Vertragsänderung, meinte er mit Blick auf die extrem langwierige Prozedur für die Schaffung des Lissabonner Vertrags. Daher seien weder der Ausschluss von notorischen Defizitsündern aus der Eurozone noch ein Europäischer Währungsfonds gangbare Varianten. Das entspricht einer Absage an Berlin: Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte eine Vertragsänderung für die Abwehr künftiger Krisen explizit angeregt.

"Zähne" für den Pakt

Die EU-Kommission fasse dagegen eine Verschärfung des Eurostabilitätspakts ins Auge, erklärte der Finne. Denn die Regeln seien klar, würden aber zu wenig eingehalten. Daher brauche der Pakt "schärfere Zähne" und abschreckende Maßnahmen für Defizitsünder. So könnten die Strukturförderungen für besonders uneinsichtige Staaten einbehalten werden.

Darüber hinaus müsse die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten besser überwacht werden, um Ungleichgewichte bei der Wettbewerbsfähigkeit in den Griff zu bekommen. Dafür könne gar "eine europäische Dimension in die nationalen Haushalte" aufgenommen werden, meinte er. Und zu guter Letzt werde ein "ständiger Krisenbewältigungsmechanismus" angestrebt, um Euroländern, die trotz allem an den finanziellen Abgrund gelangen, retten zu können. Denn das derzeitige Modell der Notkredite von Euroländern und Internationalem Währungsfonds für Griechenland sei bloß eine Ad-hoc-Vorgehensweise für den Einzelfall.

Klar sei jedoch, dass der Schwerpunkt auf Prävention und Verringerung von Risiken gelegt werden müsse, so Rehn. Der Ernstfall einer Rettung müsse "so wenig attraktiv gestaltet werden, dass kein Land freiwillig in diese Situation kommen möchte."

Es drehe sich bei dem Sicherheitsnetz nicht um einen Krisenfonds, wie ihn der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble vorgeschlagen habe, betonte ein Sprecher des Finnen. Denn ein Agieren innerhalb der Verträge habe oberste Priorität.

Erste Vorschläge im Mai

Als Krisenfeuerwehr für Griechenland eigneten sich die angestrebten Lösungen allerdings nicht mehr, so Rehn. Konkrete Vorschläge werde die EU-Kommission erst im Mai vorlegen.

Dabei handle es sich um den wichtigsten Beitrag der Behörde für die Arbeitsgruppe unter EU-Ratspräsident Herman van Rompuy, die bis Herbst Maßnahmen zur Verhinderung künftiger Pleitekandidaten in der Eurozone ausarbeiten soll. Beteiligt sind neben der EU-Kommission Vertreter der Mitgliedsstaaten und der Europäischen Zentralbank.