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Steirer und Kärntner stimmten gemeinsam gegen Rot-Schwarz. | Eine Achse ist das längst noch nicht. | Graz/Klagenfurt. Die Maus, die brüllte: Diesseits seiner heimatlichen Gefilde ist Josef Martinz nicht einmal der Sepp mit dem Speck, wie sie den Vermarkter des Genusslandes Kärnten spöttisch bezeichnen. Der Parteichef wirkt prototypisch für den Zustand der regionalen ÖVP, die jeden Vergleich mit ihrer steirischen Schwesterpartei scheuen muss.
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Die Teile der vermeintlichen Südachse, eine Art interner schwarzer Sollbruchstelle, die sich durch das Nein von Steirern und Kärntnern zur großen Koalition im Bundesparteivorstand am Montag abzeichnet, könnten unterschiedlicher kaum sein. Die Steirer rund um Parteichef Hermann Schützenhöfer und Wirtschaftsreferent Christian Buchmann verkörpern Machtanspruch pur.
Selbst in Bundesländern, in denen die ÖVP den Landeshauptmann stellt, tritt sie selten so selbstbewusst auf wie hier, wo sie seit 2005 nach 60 Jahren Herrschaft nur noch die Nummer zwei ist. Doch sie residiert ungebrochen am Karmeliterplatz mitten in Graz und lädt dort allwöchentlich zum "DiensTalk". Landesgeschäftsführer Bernhard Rinner lässt das "Modell Zukunft Steiermark" parteiübergreifend diskutieren. Zumeist vor vollem Haus mit Podiumsgästen aus Wien - wie zuletzt bei der "Politikerbeschimpfung".
Nicht nur die Selbstdarstellung nährt den Vergleich der steirischen ÖVP mit der bayrischen CSU. Deren Erfolg beruht auf 40 Regierungsjahren dreier außergewöhnlich starker Ministerpräsidenten - Goppel, Strauß und Stoiber. Danach, aber auch dazwischen (Streibl und die Amigo-Affäre) ging´s bergab. In der Steiermark herrschten Krainer senior und junior 39 Jahre als Landeshauptleute. Danach, aber auch dazwischen (Niederl und der Bundesländer-Skandal) ging´s bergab. Mehr noch als bei der CSU - die ÖVP verlor den Landeshauptmann.
Doch die steirische ÖVP sitzt ausgerechnet dank des Proporzes, dessen Abschaffung sie noch aus der Spitzenposition heraus forderte, weiter in der Regierung. Die selbstreinigende Kraft der Opposition, die sie für die Bundespartei fordert, bleibt ihr erspart. Diese Landes-ÖVP besetzt immer noch viele entscheidende Posten, doch fehlt ihr mittlerweile die Stärke zu einer CSU-Rolle. Solch regionale Abspaltungen funktionieren nur aus der Position einer unangefochtenen Nummer eins. Siehe FPÖ und BZÖ in Kärnten.
Wenn dort 2009 der Landtag gewählt wird, erinnert nichts mehr daran, dass die ÖVP vor zehn Jahren noch den Kärntner Landeshauptmann gestellt hat. Seit Christoph Zernatto, Nachfolger und Vorgänger von Jörg Haider, zerreibt es die Volkspartei als Polithilfsempfänger eines wechselseitigen Gnadenbrots von links und rechts.
Erst Reinhold Lexer, dann Georg Wurmitzer, seit 2004 Josef Martinz: Die Kärntner ÖVP-Chefs gefallen sich als Erfüllungsgehilfen des blauen beziehungsweise orangen Häuptlings, obwohl ihre Partei für das schlechteste schwarze Landtagsergebnis der Zweiten Republik gesorgt hat: 11,6 Prozent. Dementsprechend plakatiert sie Martinz schon wieder als "verlässlichen Partner". Abgewandt vom Wähler den Blick in die Ferne gerichtet - auf ein Licht hinter den Bergen. Dort wird seine Stimme gegen die große Koalition gehört.
Der Autor ist Medienexperte und Politikanalyst