Afrikas größtes Land hat trotz Risiken enormes wirtschaftliches Potenzial für Exporteure.
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Wien. Für österreichische Unternehmen könnte es sich lohnen, sich einmal mit Nigeria zu befassen - auch wenn auf den ersten Blick nicht viel dafür spricht. Die politische Lage ist instabil, die Islamistengruppe Boko Haram ist nach wie vor eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheit des Landes. 60 Prozent der über 190 Millionen Einwohner Nigerias leben unter der Armutsgrenze, während eine kleine Oberschicht immensen Reichtum besitzt. Zum Beispiel steuerte der reichste Mann Nigerias, Aliko Dangote, zu dem 2014 begonnenen Bau der größten Raffinerie Afrikas am Stadtrand von Lagos 3,5 Milliarden US-Dollar aus seinem Unternehmen bei.
Mit der Wirtschaft des Opec-Mitglieds Nigeria ist es jedoch zuletzt wieder bergauf gegangen. 2016 schlitterte das vom Erdölexport abhängige Land aufgrund des Preissturzes an den internationalen Ölmärkten in die Rezession, diese dürfte aber jetzt überwunden sein. Nach einem leichten Wachstum im vergangenen Jahr dürfte das nigerianische Bruttoinlandsprodukt (BIP) heuer real um fast zwei Prozent wachsen. Der Erdölexport stellt 95 Prozent des Ausfuhrvolumens und über 70 Prozent der Staatseinnahmen dar.
Privatwirtschaft agiertnoch zögerlich
Österreichische Exporteure, die Geschäftsbeziehungen mit Nigeria aufbauen wollen, müssten sich vor allem in Geduld üben, sagt Nella Hengstler. Sie war sieben Jahre lang Wirtschaftsdelegierte in Lagos und ist jetzt Regionalmanagerin für Afrika und Nahost in der Außenwirtschaftsorganisation der Wirtschaftskammer. Es gebe so gut wie keine öffentlichen Aufträge, und die Privatwirtschaft agiere noch sehr zögerlich. Gute Firmen, mit denen man Partnerschaften eingehen könnte, seien da, "aber nicht zu Hunderten", sagt Hengstler.
Gute Absatzchancen gebe es bei Maschinen aller Art, da in Nigeria keine hergestellt werden. Auch die Entwicklung der derzeit noch dürftigen Infrastruktur in Nigeria könnte für österreichische Unternehmen Zulieferchancen bieten. Das Stromnetz wurde zwar 2014 privatisiert, "aber es ist nicht besser geworden", stellt Hengstler allerdings auch fest.
Allgemein herrsche in Nigeria ein großer Unternehmergeist. Jeder wolle sein eigenes Business haben, auch wenn viele Projekte scheitern. Viele Migranten wollen nicht wegen der Sozialleistungen nach Europa, sondern um sich dort etwas aufzubauen.
Wieder Steigerungbei den Exporten
Die österreichischen Warenexporte nach Nigeria sind im vergangenen Jahr um 16,5 Prozent auf 78,7 Millionen Euro gewachsen, nach einem Rückgang um 34 Prozent im Jahr davor. Der Export der wichtigsten Produktgruppe Maschinen wuchs um 96 Prozent auf 31 Millionen Euro. Das wichtigste Exportprodukt waren erneut Webmaschinen zur Erzeugung von industriellen Kunststoffsäcken sowie andere Kunststoffverarbeitungsanlagen.
Am 18. Dezember findet in Wien ein von der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft lancierter "EU-Afrika-Gipfel" statt. Dort werden vor allem wirtschaftspolitische Themen wie Innovation und Digitalisierung behandelt.
Laut Bundeskanzler Sebastian Kurz und Bundespräsident Alexander Van der Bellen wird Afrika in seinen wirtschaftlichen Potenzialen zu wenig wahrgenommen. Die EU sei der Haupthandelspartner Afrikas und nicht China, unterstrich Van der Bellen im Vorfeld des Gipfels. 36 Prozent des afrikanischen Handels werden mit der EU abgewickelt, nur 16 Prozent mit China. 40 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen entfallen in Afrika auf die EU und nur 14 Prozent auf China.