Richterwoche 2006 in Innsbruck. | Diskussion zum Haushalt der Justiz. | Innsbruck. "Wer soll über die Ressourcen der Justiz entscheiden?", fragt Klaus Schröder, Richter am Landesgericht Innsbruck. Seine Kollegen verlangen bei der Richterwoche 2006 in Innsbruck ein verstärktes Mitspracherecht bei der Budgeteinteilung: "Es werde gekürzt, dass sich die Balken biegen, aber wo, das entscheiden dann andere."
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Gefordert wird ein Ausbau der Subsidiarität innerhalb der Ressourcenverwaltung. Eine Zentralisierung bei einer Stelle, die oft nicht weiß, wo was fehlt, sei nicht wünschenswert. Bestes Beispiel dafür sei die Bundesbeschaffungsgesellschaft, meint Schröder und erntet dafür spontanen Applaus.
Kostendruck wächst
Daneben sollte das Kostenbewusstsein innerhalb der Richter und Staatsanwälte geschärft werden: Als Beispiel führt Schröder an, dass bei einer Untersuchung über die Reinheit eines Suchtmittels ein externes Institut 1000 Euro verrechnet, während das Bundeskriminalamt kostenlose Analysen anbietet. "Es kann nicht sein, dass das Budget für Sachverständige schon im August leer geschöpft ist." Christian Brünner, Professor an der Universität Graz, sekundiert: "Good Governance ist nicht nur im Justizministerium gefragt, sondern auch in der Justiz selbst." Er prognostiziert zukünftig einen vermehrten Ruf nach Kennziffern: Zahlen, die die Arbeit der Justiz greifbar machen können. Der Druck in Richtung Ausgliederung und Privatisierung justizieller Aufgaben werde zunehmen.
Gegen Ökonomisierung
Eine Zukunftsvision, die bei der anwesenden Richterschar nicht unbedingt auf Gegenliebe stößt: "Wir sprechen uns ganz deutlich dagegen aus, alles zu ökonomisieren. Durch Marketing-Vokabeln im öffentlichen Dienst werden vielfach falsche Erwartungen an Servicekomfort und Schnelligkeit der Verfahren geweckt. Bei den Gerichten fühlen sich manche Klienten tatsächlich schon als Kunden; und das ist nicht machbar", meint dazu ein Richter. Ein anderer widerspricht diesem Berufsverständnis: "Was wir seit 1000 Jahren machen, ist nichts anderes als eine Service-Leistung an der Gesellschaft." Monika Zbiral-Kiss, ehemalige Richterin und nun zuständige Abteilungsleiterin für Budgetfragen im Justizministerium, kennt beide Seiten: "Die Justiz wird von außen, etwa vom Bundeskanzleramt, über Zahlen und Benchmarking wahrgenommen. So zäumt man aber das Pferd vom Schwanz auf. Denn Kennzahlen sind kein Mittel zum Zweck, sondern nur Instrumente zur Zielerreichung."
Dagegen sollten sich die Ziele aus einem Konsens über die Werte herauskristallisieren. Etwa: Wie viel ist ein faires Verfahren wert? "Hier ist es an der Zeit, Farbe zu bekennen." Man müsse Prioritäten setzen. Derzeit werde von den Richtern zu viel nach dem Gießkannenprinzip gemacht: "Die neuen Möglichkeiten der gerichtlichen Wahrheitsfindung durch Wissenschaft und Technik sind teure Helfer. Jeder Richter ist aufgefordert, bei der Prozessführung auch die zu erwartenden Kosten im Auge zu behalten." Ein Fair Trial sollte durch budgetäre Fragen jedenfalls nicht in Frage gestellt werden, aber manchmal bringen vermehrte Kosten kein Mehr an Gerechtigkeit.