Die berufliche Rückkehr in die Heimat sollte genauso gut geplant werden wie seinerzeit der Gang ins Ausland.
Sich an das Lebens- und Arbeitsumfeld des Heimatlandes wieder zu gewöhnen, fällt vielen Expatriates und ihren Familien oft ebenso schwer wie die vorherige Integration ins Gastland. Die berufliche Rückkehr ruft oft ein Gefühl des Statusverlustes hervor, da gerade erfolgreiche Expatriates während ihres Auslandsaufenthaltes unternehmerisches Denken entwickelt und große Verantwortung für ihr Unternehmen übernommen haben.
Häufig müssen sie sich wieder einem stärker reglementierten Arbeitsalltag anpassen und möglicherweise eng abgezirkelte Zuständigkeiten akzeptieren. Viele ihrer neu gewonnenen Erfahrungen finden im Arbeitsalltag des Stammhauses kaum Verwendung, ihre neuen Qualifikationen bleiben ungenutzt und das erworbene Know-how geht verloren. Auch in ihrem gesellschaftlichen und sozialen Verhalten sind die Rückkehrer sehr oft zwischen zwei Kulturen hin- und hergerissen. Sie haben im Gastland neue Wertvorstellungen und Verhaltensweisen kennengelernt und teilweise angenommen, die nun mit denen des Heimatlandes kollidieren. Daraus können sich viele Probleme im privaten und beruflichen Alltag ergeben.
Ein Beispiel aus vielen: Der Marketingleiter eines österreichischen Unternehmens entsandte einen seiner besten Mitarbeiter nach Indien, um den Vertriebsbereich der dortigen Tochtergesellschaft neu zu organisieren und auszubauen.
Fremde in dereigenen Heimat
Als der Mitarbeiter nach vier Jahren diesen Auftrag sehr erfolgreich beendet hatte, wurde er wieder ins Stammhaus zurückberufen. Obwohl sowohl er selbst wie auch seine Familie das Leben in diesem faszinierenden Land sehr genossen hatten, freuten sich alle auch wieder auf die Rückkehr. Aber sehr bald kamen ihnen die ersten Zweifel, ob diese Rückkehr die richtige Entscheidung war. Warum hat mir der Chef keine bessere Position angeboten? Er weiß doch, was für einen verantwortungsvollen Job ich in Indien zur vollsten Zufriedenheit der Geschäftsleitung gemacht habe! Warum jammern hier alle, es ginge ihnen so schlecht? Die wissen doch gar nicht, wie gut es ihnen hier im Vergleich mit vielen anderen Ländern geht! Nach nur vier Jahren im fernen Ausland kamen sich der Angestellte, seine Frau und seine Kinder manchmal wie Fremde in der eigenen Heimat vor.
Da auch mehrere Gespräche des Rückkehrers mit seinen Vorgesetzten nicht den gewünschten Erfolg hatten, wuchs der Frust. Als ihm ein deutsches Konkurrenzunternehmen eine attraktive Führungsposition anbot, sagte er sofort zu. Jetzt waren alle plötzlichen Versuche seines bisherigen Arbeitsgebers, ihn doch noch zu halten, vergeblich, seine Enttäuschung war eben zu groß.
Gerade in dieser Phase sind Jobwechsel nicht ungewöhnlich. Dabei wäre es leicht möglich gewesen, den Verlust dieses wertvollen Mitarbeiters zu vermeiden, wenn das Unternehmen, das ihn und seine Familie seinerzeit durch ein interkulturelles Training bestens auf seine Tätigkeit in Indien vorbereitet hatte, auch seine Reintegration entsprechend sorgfältig vorbereitet hätte. Dazu bedarf es nicht nur einer rechtzeitigen Karriereplanung, auf welche Weise das im Ausland erworbene Know-how und die Erfahrungen des Rückkehrers im Unternehmen optimal eingesetzt und damit seine Bindung an das Unternehmen verstärkt werden können, sondern auch einer professionellen Vorbereitung auf die unvermeidlichen kulturellen Schwierigkeiten einer Reintegration ins Stammhaus und in das aus der Ferne oft idealisierte Heimatland.
Gerhard Hain ist Managing Partner der Unternehmensberatung ti communication Dr. Fischhof GmbH in Wien.