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Reisefreiheit im Kleinen

Von Martyna Czarnowska

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Die Visapflicht ist den Russen schon lange ein Ärgernis - doch bald können einige von ihnen ohne den Vermerk in die EU einreisen.


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Gleich drei sind es geworden. Ein tierisches Trio hat das russische Publikum per Telefon- und SMS-Abstimmung als Maskottchen für die Olympischen Winterspiele in knapp zwei Jahren gewählt. Dabei erhielt der Schneeleopard die meisten Stimmen, knapp dahinter folgten ihm Eisbär und Hase.

Das war im vergangenen Jahr, und mittlerweile sind die Vorbereitungen für das Sportereignis weiter vorangeschritten. Die Regierung in Moskau erhofft sich viel von den Spielen, die in Sotschi am Schwarzen Meer stattfinden und in die sie jetzt bereits Milliarden Euro investiert hat. Die ganze Region solle sozial, wirtschaftlich und ökologisch davon profitieren - wobei vor allem an Letzterem ausländische Experten große Zweifel hegen.

Doch noch etwas verknüpft Moskau mit dem Jahresanfang 2014. Es wäre doch ein guter Zeitpunkt für die Abschaffung der Visumpflicht, meint etwa der russische EU-Botschafter Wladimir Tschischow. Denn noch müssen EU-Bürger so einen Vermerk im Pass beantragen und dafür 35 Euro zahlen, wenn sie nach Russland reisen wollen. Dasselbe kostet ein Schengen-Visum für Russen. Das Dokument ist für 90 Tage gültig.

Diese Reisebehinderungen sind Moskau schon lange ein Ärgernis. Zwar haben Russland und die EU vereinbart, an der Aufhebung der Visapflicht zu arbeiten. Doch hatte es noch bei einem Gipfeltreffen Ende des Vorjahres geheißen, dass Russland sich mehr Mühe bei der Implementierung von Vorgaben - etwa der Einführung von biometrischen Pässen - geben müsse. Allerdings könnten die Vorarbeiten heuer und die Verhandlungen generell im kommenden Jahr abgeschlossen werden, ist aus russischen Diplomatenkreisen zu hören.

Mehr Erfolge kann Moskau da bei Gesprächen mit Washington vorweisen. So hat die US-Botschaft in Moskau vor wenigen Wochen mit einer vereinfachten Ausstellung von Touristenvisa begonnen. Zuvor hatten Russland und die USA ein Abkommen geschlossen, wonach russische Geschäftsleute und Touristen mit einem Drei-Jahres-Visum mehrmals in die USA einreisen dürfen.

Einige russische Bürger brauchen dennoch bald gar kein Visum: Ab Mitte des Jahres werden sie mit einem schlichten Meldezettel in die Europäische Union reisen können. Die Bewohner der zwischen Polen und Litauen eingezwängten russischen Exklave Kaliningrad werden in die polnischen Nachbargemeinden fahren dürfen. Dafür brauchen sie lediglich ein Dokument, das ihnen bescheinigt, seit mindestens drei Jahren in dem Gebiet zu leben. Auch die Einwohner der angrenzenden polnischen Bezirke Elblag und Olsztyn werden kein Visum mehr brauchen, um sich ins ehemalige Königsberg - oder, wie die Polen es nannten: Krolewiec - zu begeben. Etliche von ihnen werden diese Möglichkeit wahrscheinlich nicht nur dazu nutzen, die Sehenswürdigkeiten der Stadt von Immanuel Kant zu erkunden, sondern billig zu tanken.

Der sogenannte kleine Grenzverkehr umfasst einen Radius von 50 Kilometern. Es bleibt damit fürs Erste bei Reisefreiheit im Kleinen.