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Reisefreiheit mit Hindernissen

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik
EU-Kommissionspräsident Juncker, Kanzlerin Merkel und EU-Parlamentspräsident Schulz (v.l.) eröffneten am Donnerstag in Berlin eine Europa-Ausstellung.
© reu/Hanschke

Grenzkontrollen in EU vor Verlängerung - Streit um Zusagen an Ankara.


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Berlin/Brüssel. Jean-Claude Junckers erste Berlin-Erfahrungen hatten auch mit Grenzen zu tun. Damals, 1975, konnte er nicht so einfach von der einen Seite des Brandenburger Tors auf die andere wechseln, erinnerte sich der jetzige EU-Kommissionspräsident bei einer Ausstellungseröffnung in der deutschen Hauptstadt. Diese war vor vierzig Jahren geteilt, wie das Land auch. Daher konnte Juncker nun bei der Wiedereröffnung des Europäischen Hauses in Berlin nur lobende Worte für die Errungenschaften der Wiedervereinigung Europas finden.

Doch dass die EU gleichzeitig vor immensen Herausforderungen steht, wollte er nicht unerwähnt lassen. Das Referendum in Großbritannien und dessen möglichen Austritt aus der Union zählte er dabei ebenso auf wie die Flüchtlingskrise. Und das hat wieder mit Grenzen zu tun.

Als der Kommissionspräsident in Berlin auftrat, billigten die EU-Mitglieder bei einer Ministersitzung in Brüssel die Verlängerung der Kontrollen zwischen mehreren Unionsländern. Ohne Debatten, denn die Einigung darauf gab es bereits im Vorfeld. So dürfen Österreich, Deutschland, Dänemark, Schweden und Norwegen noch bis zu sechs Monate lang ihre Überprüfungen fortsetzen. Das betrifft aber nur bestimmte Übergänge: in Österreich beispielsweise an der Grenze zu Ungarn sowie Slowenien. Für eine mögliche Sperre beim Brenner-Pass wäre eine zusätzliche Genehmigung nötig. Wegen der österreichischen Pläne hat Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos bereits einen Brief an die Regierung in Wien geschickt. Die Behörde mahnt immer wieder "Verhältnismäßigkeit" bei der Einführung von Grenzkontrollen ein.

Die Warnungen vor einem Kollaps des Schengen-Raums, in dem Reisen ohne Passkontrollen möglich ist, werden regelmäßig erneuert. Die Schätzungen über die wirtschaftlichen Schäden - etwa für die Transportbranche - reichen bis zu zweistelligen Milliarden-Euro-Beträgen jährlich für einzelne Länder. Die gesellschaftlichen und politischen Kosten hingegen sind kaum zu beziffern.

Visa-Zwist mit der Türkei

Deswegen ist der Druck hoch, den Schutz der EU-Außengrenzen zu verstärken und die Kontrollen innerhalb der Union überflüssig zu machen. Dafür wiederum braucht die Gemeinschaft die Hilfe ihrer Nachbarn. Deutschland setzt dabei vor allem auf die Türkei.

In Berlin verteidigte daher Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut das Abkommen mit der türkischen Regierung, das einen Austausch von Flüchtlingen vorsieht: Für jeden syrischen Asylwerber, der von Griechenland aus zurückgeschickt wird, soll die EU Syrer direkt aus der Türkei in die Union umsiedeln. Doch auch ohne akute Krise müssten die Europäer mit Staaten wie der Türkei, dem Libanon oder Jordanien zusammenarbeiten, erklärte Merkel. Es gelte nämlich, die Fluchtursachen zu bekämpfen.

Für die Regierung in Ankara ist freilich ein anderer Punkt der Vereinbarung mit der EU von hoher Bedeutung: die Beschleunigung des Prozesses zur Visaliberalisierung. Den Großteil der Kriterien dafür hat die Türkei bereits erfüllt, doch um die verbleibenden Voraussetzungen ist ein heftiger Zwist entbrannt. So hat Ankara nicht vor, die Antiterror-Gesetzgebung zu ändern, die den Behörden harsches Vorgehen selbst gegen Regierungskritiker ermöglicht. Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft der EU sogar vor, mit dieser Forderung erst im Nachhinein neue Hürden für sein Land aufgebaut zu haben.

Das EU-Parlament wiederum, das der Aufhebung der Visumspflicht zustimmen muss, hat bereits angekündigt, erst nach Erfüllung der Bedingungen zu votieren. Juncker betonte ebenfalls, dass sich die Türkei an die Forderungen halte müsse. Andernfalls werde es keine Reisefreiheit ab Sommer geben. Eine Verschiebung auf Oktober zeichnet sich schon ab.