Auf Wunsch der ÖVP setzt die türkis-grüne Regierung auf Anreizpolitik beim Klima. Welche Folgen hat das?
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Nicht nur mit der ökosozialen Steuerreform schüttet die Regierung ihr Füllhorn aus, um Bevölkerung und Wirtschaft zu ökologischerem Verhalten zu bewegen. Insbesondere die Volkspartei setzt generell gerne auf finanzielle Anreize. In ihrem Leitantrag zum 39. Parteitag ist mehr als zwanzig Mal von solchen zu lesen. Es sieht Anreize für Holz als nachhaltigem Baustoff vor, für den Umstieg auf E-Mobilität, für eine umwelt- und klimagerechte Produktion in der Landwirtschaft, für den Tausch von Gas- und Ölheizungen, für den Umstieg auf E-Mobilität und vieles andere mehr.
Die ÖVP scheut sich davor, Strafen oder Verbote gegen Klimaschädliches zu verhängen. Um Verbote geht es nur zwei Mal im Leitantrag, bei Impulskäufen von Tieren und der Sharia. Beides wird sich nicht auf den CO2-Ausstoß und das Klima auswirken.
Das Füllhorn an Ökoförderungen
Viele dieser Anreize sind, weil gemeinsames Programm mit den Grünen, auch gut dotiert: Schon 2021 und 2022 gibt es 650 Millionen Euro für den Ausstieg aus Gas und Ölheizungen, "zusätzliche 100 Millionen für sozial schwache Haushalte und eine weitere Sauber-Heizen-Offensive", heißt es aus dem Klimaschutzministerium. Der Photovoltaik-Fördertopf ist heuer 92 Millionen Euro groß; als Förderung emissionsfreier Autos und für Ladestationen gibt es heuer 116 Millionen und für den Ausbau erneuerbarer Energie jährlich eine Milliarde.
Holz als Baustoff wird als Teil des vier Jahre lang wirkenden 350 Millionen Euro schweren Waldfonds gefördert. Für ökologische Investitionen von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben und von Lebensmittelproduzenten flossen beispielsweise 246 Millionen Euro als 14-prozentige Prämie, was 1,8 Milliarden Euro an ökologischen Investitionen zur Folge hatte. Über die normale siebenprozentige Investitionsprämie flossen allerdings 443 Millionen Euro an bäuerliche Betriebe, darüber wurden auch neue Traktoren gefördert. Laut Landwirtschaftsministerium ergibt das Sinn: "Moderne Traktoren sind viel effizienter, auch im Verbrauch. Deshalb sind Technologiesprünge so wichtig, daher auch die Förderungen."
Dass das Dieselprivileg mit der ökosozialen Steuerreform nicht angetastet wurde, will man im Ministerium nicht kommentieren. Ein Liter Benzin ist mit 48,2 Cent weiterhin höher besteuert als ein Liter Diesel mit 39,7 Cent. Es gehe um ein Bündel an Maßnahmen, "das klimafreundliches Verhalten belohnt, ohne die Bedürfnisse von Menschen zu gefährden", die beispielsweise auf Traktoren und Maschinen als Arbeitsgeräte angewiesen sind.
Woher kommt all dieses Geld? Wer soll es finanzieren? Und bleiben nach der ökosozialen Steuerreform, die bis Ende 2024 rund 18 Milliarden kostet, überhaupt noch Geld für weitere notwendige Investitionen in den Klimaschutz?
Strukturreformen für mehr Investitionsspielraum
Wifo-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller geht im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" davon aus, dass die Steuerreform das Budget nicht zusätzlich belastet. Sogar die Schuldenquote von heuer mehr als 84 Prozent werde bis Mitte der 2020er-Jahre trotzdem auf 75 Prozent sinken. Der Grund: "Wir befinden uns in der komfortablen Lage eines hohen Wirtschaftswachstums und geringen Zinskosten."
Um aber den öffentlichen und privaten Investitionsbedarf im Klimabereich abzudecken, brauche es mehr Spielraum: Genauso wie der Fiskalrat schlägt die Budgetexpertin Strukturreformen vor: bei Pensionen, Pflege, Gesundheit, Förderungen, dem Föderalismus, der Schulverwaltung. "Um große Reformen auf den Weg zu bringen, wäre jetzt eigentlich ein gutes Zeitfenster", sagt sie. Schließlich sei der Finanzausgleich, der eigentlich Ende 2021 geendet hätte, um zwei Jahre verlängert worden.
Bei jeder Förderung, auch ökologisch, gebe es "immer gewisse Mitnahmeeffekte. Das ist eine Nebenwirkung von Förderungen, die ich allerdings in Kauf nehmen muss", sagt Schratzenstaller. Für Umweltökonom Karl Steininger vom Wegener Institut in Graz geht es außerdem nur bei großen Unternehmen um Kosten und Nutzen von Förderungen: "Große kalkulieren genau, bei kleineren und mittleren Unternehmen ist die Signalwirkung viel wichtiger als die genaue Rechnung."
Sophie Lampl, Kampagnen-Direktorin von Greenpeace ist trotzdem davon überzeugt, dass es mehr als Förderungen braucht: "Wir brauchen alles: sowohl finanzielle Anreize, klare politische Rahmenbedingungen und auch den Zeitpunkt, wann ein konkretes Aus von Klimaschädlichem erfolgt." Nur so wüssten Unternehmen wie Bevölkerung, wann sie was erwartet, was wiederum Investitionen steuern würde.
Ein Gegenbeispiel für zielführendes Handeln sei die Politik vor den Rauchverboten in der Gastronomie gewesen. Unklare und immer wieder neue Regelungen hätten zu unnötigen Investitionen in Raumtrennungen geführt. Europa verlangte eigentlich nur den Schutz der Beschäftigten vor Rauch ein, Österreichs Politik machte daraus letztlich ein Rauchverbot.
Klimakrise kostet Österreich jährlich 15 Milliarden Euro
Im Klimaschutzministerium sieht man das Zaudern des Koalitionspartners bei Verboten gelassen. "Die Realität überholt uns die österreichische Politik ehrlicherweise ohnehin oft." Zwar sei im Mobilitätsmasterplan verankert, dass 2030 nur noch emissionsfreie Autos zugelassen werden. Die CO2-Flottengrenzwerte für Autos, die Hersteller 2035 unterschreiten müssten, seien so niedrig, dass sie "einem De-facto-Verbot von Verbrennungsmotoren gleichkommen".
Klar ist auch, dass klimapolitisches Nicht-Handeln jedenfalls Geld kostet: Das Wegener-Institut berechnete bereits im vergangenen Jahr, dass durch fossile Importe Wertschöpfungsverluste in Höhe von rund acht Milliarden Euro jährlich entstehen. Umweltschädliche Förderungen belasten das öffentliche Budget mit weiteren vier Milliarden, für Klimawandelanpassung muss die öffentliche Hand rund eine Milliarde jährlich ausgeben. Wetter- und klimabedingte Schäden machen aktuell zumindest zwei Milliarden Euro jährlich aus. In Summe belastet die Klimakrise Österreichs Budget also mit 15 Milliarden Euro pro Jahr.