)
Nein, Helmut Panke hüpft nicht auf und ab, klatscht nicht in die Hände, reckt die Fäuste nicht in die Luft, lockert nicht die Krawatte und genießt auch nicht auf der Dachterrasse den plötzlich so mächtigen Frühlingsausbruch samt ungetrübtem Blick auf die sonnenbestrahlten Alpengipfel. Obwohl er einer der ganz wenigen Automanager weltweit ist, der allen Grund zu Freudentänzen hätte - der BMW-Vorstandschef präsentierte gestern die "beste Bilanz der Unternehmensgeschichte".
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Die Präsentation im großen Saal des neuen "Projekthauses" im firmeneigenen Forschungszentrum in München-Milbertshofen ist eher britisch kühl. Und obwohl er jetzt schon weiß, dass in knapp 14 Tagen auf seinem Schreibtisch die Zahlen für das 1. Quartal 2005 schon wieder einmal das "beste 1. Quartal aller Zeiten" des bayrischen Autokonzerns ausweisen werden, hält er sich bei der Prognose für 2005 zurück: "In etwa" das Ergebnis von 2004 werde man schon wohl wieder erreichen, wenn auch der schwache Dollar und die hohen Stahlpreise ein "herausforderndes Umfeld" bereiten.
Mehr als 1 Million BMW
2004 jedenfalls war "das erfolgreichste Jahr der Unternehmensgeschichte" der BMW-Group mit ihren Konzernmarken Mini, BMW und Rolls Royce. Rekord beim Absatz - ein Plus von 9,4% auf mehr als 1,2 Mio. verkaufte Autos, davon erstmals mehr als eine Million der Marke BMW; Rekorde auch beim Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit mit plus 10,9% auf 3,55 Mrd. Euro und beim Jahresüberschuss mit plus 14% auf 2,22 Mrd. Euro. Die Aktionäre - fast 50% der Anteile sind seit Jahrzehnten im Besitz der deutschen Unternehmerdynastie Quandt - sollen eine um knapp 7% auf 62 Cent pro Stamm- und 64 Cent je Vorzugsaktie angehobene Dividende erhalten. Später im Jahr sollen die Aktionäre von einem geplanten Aktienrückkaufprogramm noch einmal profitieren.
Neue Fabrik in Leipzig
Während bei anderen Autobauern der Abbau von Überkapazitäten, die Verlagerung von Produktionen in Niedriglohnländer und Entlassungen auf der Agenda stehen, nahmen die Münchner dieser Tage eine hochmoderne neue Fabrik in Leipzig in Betrieb. In der Anlaufphase 2.500, später bis zu 5.000 Mitabeiter werden dort täglich bis zu 650 Stück des gerade auf den Markt gebrachten neuen "BMW 3" bauen. Um gut 1.700 auf nunmehr 106.000 - davon mehr als 80.000 in Deutschland - ist die Zahl der BMW-Mitarbeiter im Vorjahr gestiegen. Nicht gerechnet die im Geschäftsbericht ebenfalls angeführten fünf im Werk Leipzig angesiedelten Turmfalken, die dort die Tauben und "damit die Verunreinigung unter Kontrolle" halten werden.
Zahlreiche neue Modelle - das sieht man bei BMW als einen der Haupttreiber für den Erfolg an: "Wir haben, nach Einführungsdatum gerechnet, die jüngste Modellpalette aller Premiumhersteller". Im Vorjahr kamen der "kleine" Geländewagen "x3" - bis Jahresende liefen bei Magna Steyr in Graz bereits mehr als 92.000 Stück dieses Modells vom Band -, Coupé und Cabrio der "6er"-Reihe, der Kombi "Touring" der "5er"-Reihe, die ganz neue Baureihe "1" und das Mini-Cabrio neu zu den Händlern. Heuer kommen die neue, vierte, Generation des "3er" - mit mehr als 50% Anteil am gesamten Absatz der Marke BMW ist er das wichtigste Modell des Hauses -, die überarbeitete neue "7er"-Limousine, Versionen des "5er" mit Allradantrieb sowie die Sportversionen "M5", "M6" - apropos "Sport": 10 Zylinder, 7 Gänge, 507 PS, 4,6 Sekunden von Null auf 100, noch Fragen? - und der "1er" als 130i - mit immerhin 268 PS der Muskelprotz in der so genannten Golf-Klasse.
Und die Erweiterung der Produktpalette geht weiter: Zu den derzeit zehn Baureihen des Konzerns sollen 2008 zwei gänzlich neue Autos dazu kommen: Eines, das man auf keinen Fall "Minivan" genannt hören will, soll das Thema "Raum und Variabilität auf BMW-typische Weise interpretieren" und in Deutschland gebaut werden. Die zweite neue Modellreihe soll "Allradantrieb und erhöhte Sitzposition mit Coupé-Look und Sportwagenfahrleistungen" verbinden und im Werk Spartanburg in den USA in erster Linie für den dortigen Markt vom Band laufen.
Nach dem kräftigen Investitionschub der letzten 24 Monate - Produktionsvorstand Norbert Reithofer zählt als Schwerpunkte das neue Werk in Leipzig, den Ausbau in Spartanburg, die Fabrik in China und die Erweiterung des Motorenwerks im oberösterreichischen Steyr auf, nicht zu vergessen die neue Rolls-Royce-Schmiede im englischen Goodwood - sollen im nächsten Fünfjahres-Zeitraum weitere rund 19 Mrd. Euro "in die Ausweitung der Geschäftsaktivitäten" fließen. Weiterhin mehr als 6% vom Umsatz werden in Forschung und Entwicklung investiert.
Schwacher Dollar und hohe Rohstoffpreise hin, Rabattschlachten vor allem auf den beiden für BMW wichtigsten - und insgesamt stagnierenden - Automärkten USA und Deutschland her: In den ersten beiden Monaten 2005 hat BMW wiederum um gut 8% mehr Autos verkauft als im Vorjahreszeitraum - auch und gerade in den USA und Deutschland. "Es gibt immer mehr Kunden für Premium-Produkte", da ist der sonst vorsichtige BMW-Chef im Gegensatz zu manchen Branchenanalysten ganz sicher. Die nächste Rekordbilanz der Bayern scheint durchaus in Reichweite - das freut auch Rudolf Handlgruber vom Motorenwerk in Steyr: Dort ist für heuer der nächste Rekord mit der Produktion von mehr als 800.000 Triebwerken für die blau-weißen Edelkarossen schon fix geplant.