Fischer soll Regierung nicht angeloben, weil Wissenschaftsministerium abgeschafft wurde.
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Wien. In der Universitätenkonferenz (uniko) und den Unis regt sich Widerstand gegen die Abschaffung eines eigenen Wissenschaftsressorts. Die größte Hochschule des Landes, die Uni Wien, zeigt sich "bestürzt über den geringen Stellenwert für Wissenschaft und Unis, der aus der Abschaffung des Wissenschaftsministeriums zum Ausdruck kommt". Gleichzeitig begrüßt man das "zum wiederholten Mal" für 2020 gesteckte Ziel, 2 Prozent des BIP in die Hochschulen zu investieren.
Hilferuf an Ex-Wissenschaftsminister Heinz Fischer
Die uniko appelliert an Bundespräsident Heinz Fischer, "keine Regierung ohne Wissenschaftsminister anzugeloben". Tatsächlich wird interessant sein, was Bundespräsident Heinz Fischer zu einer Regierung ohne Wissenschaftsminister sagt. Immerhin war Fischer von 1983 bis 1987 Wissenschaftsminister und dies als direkter Nachfolger von Herta Firnberg (1970-83) in dieser Position.
Hilferufe gehen auch an die SPÖ und "unsere Partner und Freunde in der Wirtschaftskammer und in der Industriellenvereinigung", so uniko-Chef Heinrich Schmidinger in einer Aussendung.
"Wenn schon von den ÖVP-Granden, die sich bisher ganz anders geäußert haben, keine Einsicht zu erwarten ist", appelliert Schmidinger an die SPÖ, für den Erhalt des Wissenschaftsministeriums einzutreten. Die SPÖ zeige "so viel Entschlossenheit, wenn es um einzelne Reizthemen der Hochschulpolitik geht": "Sie hat jetzt Gelegenheit zu demonstrieren, dass sie dieselbe Entschlossenheit aufbringt, wenn der ganze Hochschulsektor Österreichs ins Abseits gestellt wird."
Schmidinger lässt am Regierungsprogramm kein gutes Haar: "Es geht auf so gut wie keine Forderung ein, die seitens der Universitätenkonferenz mehrmals erhoben wurde. Stattdessen werden Stehsätze wiederholt, die schon in früheren Regierungsprogrammen standen und bekanntlich nicht realisiert und umgesetzt wurden."
Von Wirtschaftsseite wandte sich der uniko-Chef explizit an Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl und Industriellenvereinigungs-Präsident Georg Kapsch und bat sie, "nicht zuzulassen, dass Wissenschaft und Forschung als die entscheidenden Zukunftsbereiche unserer Gesellschaft zur Nebensache degradiert werden".
Vom Wirtschaftsbund darf er sich jedenfalls keine Unterstützung erwarten: Dieser sieht in der Übertragung der Wissenschaftsagenden ins Wirtschaftsressort einen "richtigen Schritt in eine innovative Zukunft", denn "Fakt ist, dass eine erfolgreiche Wirtschaft, nachhaltiges Wachstum und damit auch Arbeitsplätze von fortschrittlichen Technologien und Forschung abhängen. Daher ist es gut und wichtig, dass die Bereiche Wirtschaft und Wissenschaft nun zusammengehören", so Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner in einer Aussendung. Auch in Deutschland seien die Bereiche Wirtschaft und Technologie in einem Ministerium gebündelt.
ÖH verärgert
Auch die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) zeigte sich verärgert über die Übertragung der Wissenschaftsagenden ins Wirtschaftsressort: "Wir sehen uns auf der Straße wieder." Die Studentenvertreter hatten vor den Koalitionsverhandlungen für eine Zusammenlegung von Wissenschafts- und Unterrichtsressort plädiert. Eine Fusion von Wissenschaft und Wirtschaft werde dazu führen, "dass die Ökonomisierung der Bildung auch in den nächsten Jahren weitergehen wird", so ÖH-Chef Florian Kraushofer (Fachschaftslisten/FLÖ) in einer Aussendung.
Anders äußerten sich die Fachhochschulen (FH): Die FH-Konferenz begrüßte ausdrücklich "die so wichtige Erhöhung der Fördersätze und den weiteren Ausbau des Fachhochschul-Sektors" im Regierungsprogramm. Die FH würden sich seit jeher durch ihre enge Verzahnung mit der Wirtschaft auszeichnen, mit den Josef-Ressel-Zentren würden wichtige Projekte bereits jetzt über das Wirtschaftsministerium abgewickelt. "Dem scheidenden Wissenschaftsminister Töchterle danken wir für sein Engagement. Wir freuen uns auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem nun auch für Wissenschaft zuständigen Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner", so FHK-Präsident Helmut Holzinger.
Neos: "Absolute Unwissenheit oder Ignoranz"
Scharfe Kritik kommt dagegen von den Neos . "Die Zusammenlegung von Wissenschaft und Wirtschaft in einem gemeinsamen Ministerium zeugt entweder von absoluter Unwissenheit, was Wissenschaft braucht und was Wirtschaft ist, oder es herrscht hier in der ÖVP absolute Ignoranz", so Wissenschaftssprecher Niki Scherak in einer Aussendung. Diese Absicht sei nicht nur eine gefährliche Drohung, sondern auch ein "Schuss ins Knie der universitären Zukunft in Österreich": "Ich bin fassungslos - das ist wie wenn man einen Zuchtbullen neben einen Traktor stellt und miteinander vergleicht."