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Rempeln und Grätschen

Von Bernhard Baumgartner

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Vielen Menschen ist das Endspiel der US-Football-Profiliga NFL, genannt Super Bowl, völlig egal. Aber es werden weniger. Und so werden auch die Super-Bowl-Parties immer mehr. Diese verlaufen bei Europäern meist traditionell so, dass ein Wissender den anderen das halbe Spiel lang erklärt, wie eigentlich genau die Regeln gehen. Der Rest der Zeit geht damit drauf, zu erklären, wer gegen wen spielt. Schließlich sagen die Mannschaften, die sich da rustikal über das Feld holzen, den Wenigsten etwas.


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Heuer hatte in den USA die Super Bowl einen interessanten medialen Nebeneffekt. Der US-Präsident gibt traditionell dem Sender, der das Duell überträgt, ein Interview. Diesmal war es der Obama traditionell feindlich gesonnene Sender Fox - und so saß Obama seinem Kritiker Bill OReilly gegenüber. Wer sich auf Blutgrätschen und Gerempel gefreut hatte, wurde enttäuscht: OReilly gab einen zwar hartnäckigen und bisweilen aggressiven Fragesteller, aber insgesamt gingen Interviewer und Interviewter respektvoll, höflich, ja streckenweise gar freundschaftlich miteinander um. Dabei fragte der konservative Talker Obama, ob es ihn schmerze, von vielen gehasst zu werden. Er nehme so etwas nicht persönlich, sagte Obama. "Was Leute hassen, ist ein verzerrtes Image von dir selbst wie in einem Spiegelkabinett. Sie kennen dich nicht als Person." Das war einer der wohl interessantesten selbstreflexiven Momente des Fernsehens seit langem. Denn Obama hat völlig recht. Das Wesen der Politik ist es immer, eine Idee zum Feindbild zu stilisieren, das mit der realen Person oft wenig zu tun hat. Ob er damit das Fox-Publikum beeindrucken konnte, bleibt dahingestellt.