Die SPÖ-Vorsitzende hat die Gangart gegenüber der Regierung deutlich verschärft.
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Bis zur ersten regulären Sitzung des Nationalrats in der zweiten Septemberhälfte wird es nicht dauern. Es gilt als sicher, dass es noch davor zu einer Sondersitzung im Hohen Haus auf Betreiben der Opposition kommen wird. SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner hat schon einmal vorsorglich deponiert, was der Bundesregierung beziehungsweise einzelnen Regierungsmitgliedern blüht.
Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher kann sich darauf einstellen, dass ihm die SPÖ als größte Oppositionspartei eine Ministeranklage anhängen möchte, weil er nach Ansicht der Sozialdemokraten nicht gegen die hohen Treibstoffpreise aktiv wird. Es ist ein weiterer Beleg dafür, dass sich Rendi-Wagner zur oppositionellen Rabiatperle entwickelt hat. Nicht im Ton, da wummern die Attacken von FPÖ-Obmann Herbert Kickl intensiver. Aber hinsichtlich der demokratischen Mittel gegen ÖVP und Grüne.
Die SPÖ-Vorsitzende hat sich zuletzt auf den Wirtschaftsminister eingeschossen. Kocher müsse wegen des Verdachts der Preistreiberei und wegen der Missachtung des Preisgesetzes durch die Mineralölkonzerne aktiv werden, forderte sie. "Für jeden Volltank zahlt der österreichische Autofahrer mindestens um zwölf Euro zu viel", wetterte Rendi-Wagner via Austria Presseagentur: "Wie lange will die Bundesregierung der Preistreiberei noch zusehen?"
Während die Spritpreise an den Tankstellen bereits rückläufig sind, ist die SPÖ-Chefin weiter ausgestattet mit scharfen parlamentarischen Instrumenten wie der angedrohten Ministeranklage unterwegs. Damit macht sie selbst den Freiheitlichen Konkurrenz, die sich sonst stets als Schutzheilige der Autofahrer sehen. Umwelt- und Klimaschutz lässt die SPÖ-Vorsitzende dabei links liegen.
ErnüchterndeWiederwahl
Gut ein Jahr, nachdem Rendi-Wagner bei ihrer Wiederwahl beim SPÖ-Bundesparteitag nur ernüchternde 75 Prozent erhalten hat, ist sie von den Strategen in ihrem Umfeld sichtlich darauf getrimmt worden, an Schärfe im Vorgehen gegenüber der Bundesregierung zuzulegen. Es folgte eine klare Ansage der Chefin der größten Oppositionspartei, ÖVP und Grüne sollten den Weg in Richtung vorgezogene Neuwahlen frei machen. Gerade weil aber die ÖVP als deutlich größere Regierungspartei in den Umfragen um die 20-Prozent-Marke herumgrundelt, sind baldige Neuwahlen unwahrscheinlich.
Das von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) verkündete Ende der Quarantäne von Corona-Infizierten ab 1. August nahm die SPÖ-Chefin Ende Juli zum Anlass, um gleich den Rücktritt der gesamten Bundesregierung zu verlangen. Die Regierung habe diese Abschaffung "ohne Fakten und Evidenz" getroffen, beklagte die frühere Gesundheitsministerin im rot-schwarzen Kabinett von Bundeskanzler Christian Kern, die laut Umfragen auf bis zu 30 Prozent Stimmen käme, würde jetzt gewählt werden.
Wie auch ÖVP-Bundesparteiobmann Nehammer muss Rendi-Wagner aber zittern, wie sich ihre Partei bei der bevorstehenden Serie an Landtagswahlen in den Bundesländern schlagen wird. In Tirol ist SPÖ-Landeschef Georg Dornauer roter Spitzenkandidat am 25. September. Obwohl Umfragen der ÖVP einen historischen Absturz knapp unter die 30-Prozent-Marke prognostizieren, kann die Tiroler SPÖ als bisher klar abgeschlagene zweitstärkste Fraktion kaum davon profitieren.
Ähnlich ernüchternd ist die Ausgangslage auch vor der niederösterreichischen Landtagswahl in einem halben Jahr. Zwar gilt es als ziemlich sicher, dass Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner die knappe absolute Mehrheit für die ÖVP verlieren wird, doch die SPÖ kommt mit ihrem Spitzenkandidaten und Landesparteichef Franz Schnabl nicht vom Fleck und darf nur auf ein Halten von rund 25 Prozent der Stimmen hoffen. Das ist nicht nur auf Landesebene bescheiden. Das macht es auch für Rendi-Wagner bei den Nationalratswahlen nicht leicht, wenn sie neben Wien im großen Land unter der Enns um entsprechenden Zuspruch bangen muss.
Erfreulicheres hat sie danach im März 2023 bei der Kärntner Landtagswahl zu erwarten. SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser gilt als Rückhalt auch für Rendi-Wagner und als sichere Bank für das Halten des Landeshauptmannpostens. In Salzburg ist es danach hingegen fraglich, dass der bundesweit praktisch unbekannte SPÖ-Landesparteichef David Egger auch nur in die Nähe des Landeshauptmannsessels kommt.
Stichelei ausdem Burgenland
Da wäre dann noch Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Der dritte SPÖ-Landeshauptmann neben Kaiser und dem Wiener Bürgermeister Michael Ludwig stichelt beständig gegen die SPÖ-Bundesparteivorsitzende. Erst in der Vorwoche hat er in einem Interview so nebenbei fallen lassen, dass ein Antreten der SPÖ mit Rendi-Wagner bei der nächsten Nationalratswahl noch keineswegs ausgemachte Sache sei. Aber wer ihre Pappenheimer in der SPÖ sind, weiß die zur Anti-Regierungs-Rabaukin mutierte Vorsitzende seit ihrem Amtsantritt im November 2018 ohnehin zur Genüge.