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Eine Neuauflage des berüchtigten § 23a ist uns erspart geblieben. Das unselige steuerliche Monstrum für die Verlustbeteiligungen der Kommanditisten und unechten stillen Gesellschafter war zwar im | Konzept der Steuerreform 2000 wieder vorgesehen, wurde aber noch rechtzeitig vor der Realisierung aus dem Entwurf hinauskatapultiert. Statt dessen wurde eine "Renditenwaage" für die dem Fiskus so | missliebigen Abschreibungsmodelle erfunden.
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Ab kommendem Jahr werden Verlustbeteiligungen nach dem ihnen innewohnenden Steuerspareffekt gewogen: Ist der "Gewinn aus dem Verlust" nach Steuern mehr als doppelt so hoch wie vor Steuern, dann
wird der Verlustanteil so lange auf die Wartebank geschoben, bis aus dem Engagement Gewinne fließen.
So ist es künftig vorgesehen: Bestimmte Verluste oder Verlustanteile aus · nach fiskalischer Ansicht spekulativen · Beteiligungen an Gesellschaften oder Gemeinschaften sind weder (innerhalb eines
Steuerjahres) mit anderen positiven Einkünften des Steuerzahlers ausgleichsfähig noch in künftige Jahre vortragsfähig.
Das steuerliche Verdikt gilt so lange, bis genau aus diesen Beteiligungen Gewinne bzw. Überschüsse fließen. Erst dann dürfen die bis dahin eingefrorenen Verluste wieder "aufgetaut", also mit den
Gewinnen/Überschüssen aufgerechnet werden und ihre steuerfreundliche Wirkung entfalten. Was Jahre dauern kann.
Gegen Steuerspekulationen
Ob eine Verlustbeteiligung oder ein Verlustabschreibungsmodell unter die künftige, mitunter langjährige Wartetastenregelung fällt oder nicht, hängt dabei in erster Linie von dem abstrakt
ermittelten Steuervorteil für den Beteiligten oder Kapitalanleger ab. Ist die Veranlagungsrendite einer "verlustträchtigen" Kapitalanlage durch die einkommensteuerreduzierende Wirkung des
Verlustanteils mehr als doppelt so hoch wie vor dem (fiktiv weggedachten) Steuerspareffekt, dann vermutet die Finanz, dass das Engagement bloß zum Erzielen eines Steuervorteils eingegangen wurde und
verurteilt den Vorgang zum Warten. Ergibt der abstrakte Renditenvergleich, dass das Doppelmaß nicht überschritten wird, dann bleibt alles beim alten, mit Verlustausgleichsmöglichkeit und
(eventuellem) Verlustvortrag.
Alt-Verluste unangetastet
Liest sich relativ einleuchtend, und man könnte sagen, ab 2000 ist es eben so. Aber schon dieses Datum führt zur Frage: Gilt die Neuregelung erst für ab 2000 neu erworbene Engagements oder auch
für Altveranlagungen? Ein kurz vor der Veröffentlichung stehender Erlaß des Finanzministeriums beruhigt: Die neue Wartetastenzange gilt zwar auch für schon früher erworbene Kapitalanlagen, aber die
neue Reglementierung soll erst für Verluste gelten, die ab 2000 entstehen.
Verluste früherer Jahre sollen · wenn sie grundsätzlich steuerlich anerkannt wurden · auch unter dem neuen Regime ausgleichs-, eventuell sogar vortragsfähig sein.
Weiter Wirkungsbereich
Ob es sich dabei um gewerbliche Beteiligungen an Abschreibungsobjekten handelt oder um private, nichtbetriebliche negative Einkünfte wird nicht unterschieden werden. Die neue strenge Beurteilung
soll für alle Arten von Beteiligungen gelten, für solche an Personengesellschaften, an echten oder unechten stillen Gesellschaften, an Miteigentumgemeinschaften oder an anderen Gemeinschaften.
Betroffen sind freilich nur natürliche (beteiligte) Personen, nicht hingegen Körperschaften.
Das neue Wartetasten-Reglement soll ferner nur solche Beteiligungen treffen, die einem weiten, allgemeinen Interessentenkreis angeboten werden, nicht bloß einem eingeschränkten Personenkreis. Damit
werden Beteiligungskonstruktionen, die nur nahen Angehörigen oder etwa bei einer Sanierung helfenden Geschäftspartnern offeriert werden, von der Wartetastenbedrohung ausgenommen.
Abstrakte Renditenanalyse
Kommt ein Verlustbeteiligungsmodell allerdings in die Vermutung der bloßen Steuervorteilserzielung, dann tritt der Renditenanalyse-Computer in Aktion. Es wird ein abstrakter "Mit und ohne
Steuervorteil"-Vergleich errechnet.
Dabei wird die Nach-Steuer-Rendite unter der Vision optimaler steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten untersucht, ohne Rücksicht auf die individuelle Situation beim einzelnen Anleger. Eben abstrakt.
Heißt im Klartext: Es wird ein 50%-Steuersatz unterstellt und die optimale Ausnützung der Steuerbegünstigung für einen späteren Abschichtungs- oder Veräußerungserlös (das ist im Regelfall die Drei-
Jahre-Verteilung des Abschichtungsgewinnes) simuliert.
Nicht unerheblich ist der dabei heranzuziehende Zinssatz. Nach der Erlass-Aussage will die Finanzverwaltung bei der Rentabilitätsrechnung nicht den unternehmensinternen Zinssatz sondern den
marktüblichen Anlegerzinssatz "in Höhe etwa der Sekundärmarktrendite" anwenden, wobei ein KESt-Abschlag vorzunehmen ist.
Sorgen bei Vorsorgewohnungen?
Während die Steuerstrategen unter den Erlassformulierern und Wirtschaftstreuhändern derzeit versuchen, die sperrige neue Gesetzesvorgabe noch anwenderfreundlicher auszudeutschen, melden sich schon
Kapitalinvestoren, die um den Erfolg ihrer Veranlagungen bangen. Es handelt sich um die Errichter der neuerdings so beliebten Vorsorgewohnungen, die ihren in den Anfangsjahren einkalkulierten
steuerlichen Startvorteil einbüßen könnten.
Werden sie normalerweise nicht, hört man aus Kreisen der Finanz. Man geht davon aus, dass die Anschaffung solcher Wohnungen im Regelfall ohnehin nicht zur Erzielung von Steuervorteilen erfolgt,
sondern zur langfristigen Absicherung des künftigen Lebensstandards. Damit fällt jedenfalls das spekulative Moment weg. Außerdem werden schon die Anbieter solcher Immobilien selbst darauf achten,
dass die steuerliche Renditenwaage schön im Gleichgewicht bleibt, ehe sie mit ihren Modellen an die Öffentlichkeit gehen, heißt es.