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Renminbi soll nicht zur Spekulationswährung werden

Von Barbara Ottawa

Wirtschaft

China lockert den Wechselkurs, | bleibt aber vorsichtig.


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Berlin. China werde "nichts tun, was die historische Chance für den Aufstieg des Renminbi zur globalen Handelswährung verhindert", zeigte sich Andreas Utermann, Finanzchef bei Allianz Global Investors (AGI), bei einer Asien-Konferenz des Investmenthauses in Berlin im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" überzeugt. In dieser Hinsicht sei die chinesische Währungspolitik "viel stetiger" als jene westlicher Staaten, gab er zu bedenken.

Tatsächlich hat Chinas Regierung über die letzten Jahre in kleinen Happen, wie beim Essen mit Stäbchen, die Internationalisierung des "Volksgeldes" (Renminbi), dessen Einheiten Yuan, Jiao und Fen sind, vorangetrieben. Im April dieses Jahres wurde die täglich erlaubte Handelsschwankung von 0,5 Prozent in beide Richtungen auf ein Prozent verdoppelt. Das heißt, dass die Kursentwicklung noch ein Stückchen mehr marktgetrieben sein wird. Allerdings ist die chinesische Währung laut Berechnung von AGI noch immer um rund 40 Prozent unterbewertet.

Starke Exportanhängigkeit

Utermann meinte, China, das noch immer stark von den Exporten nach Europa und in die USA abhängig sei, müsse langsam andere Quellen zur Steigerung seines wirtschaftlichen Reichtums anzapfen. Eine sei der heimische Konsum und die andere die Währungsaufwertung. Aber die chinesische Regierung ist vorsichtig, denn sie will nicht, dass der Renminbi zur Spekulationswährung wird. Und so sagte Chinas Premier Wen Jiao Boa im März diesen Jahres, der tatsächliche Wert der Währung sei bereits erreicht.

Unterdessen scheinen Investoren heuer am Renminbi als Depotwährung weniger interessiert zu sein. Denn im Vergleich zu 2011 ist das Depotvolumen in Renminbi zwar um 38 Prozent auf 566 Milliarden Renminbi (70 Milliarden Euro) gewachsen, seit Anfang 2012 war aber ein Rückgang um vier Prozent zu verzeichnen.

Doch Helen Lam, Senior Portfolio Managerin bei AGI, zuständig für Renminbi-Anleihen, erklärte, dass der Rückgang nur rein statistischer Natur sei, denn zum einen müsse man rund 100 Milliarden Renminbi an bei Banken hinterlegten Depotforderungen dazuzählen. "Außerdem haben die Investoren viel mehr Auswahl als noch vor einem Jahr, wo sie nur nach einem Währungsinvestment gesucht haben - jetzt ist der Markt reifer", so Lam.

Allein die Zahl der Emittenten von international zugänglichen, scherzhaft "Dim-Sum-Bonds" genannten, in Renminbi aufgelegten Anleihen hat sich seit 2011 von 41 auf 135 erhöht. Neben vielen chinesischen Firmen sind darunter auch internationale Konzerne wie die österreichische Raiffeisen Bank International, die sich im heurigen März Geld über die Börse in Hongkong geholt hat.

"Vielleicht ist es 2020 soweit"

Dieses Jahr wurde auch erstmals eine Renminbi-Anleihe außerhalb von Hongkong aufgelegt - und zwar in London. Die Asien-Experten von AGI glauben, New York könnte als nächstes dran sein.

"Aber es ist noch ein weiter Weg, bis der Renminbi eine völlig frei konvertierbare Währung ist - vielleicht ist es 2020 soweit," so Lam. Bis dahin müsse China unter anderem noch den Zinsmarkt liberalisieren. Utermann ist sicher, dass der Renminbi "innerhalb der nächsten zehn Jahre" zur zweitwichtigsten Leitwährung neben dem US-Dollar heranreife und bis zu einer möglichen Überbewertung noch "viel Spielraum" bleibe. Zudem sagte er, Chinas Währung werde auch real aufgewertet, weil der Einkommenszuwachs in China über dem in den USA liege.

Ganz so geradlinig dürfte dieser Prozess aber nicht verlaufen. Denn wie Wolfgang Ischinger, Allianz-Generalbevollmächtigter für Regierungsbeziehungen festhält, "sind wir an einer wichtigen Weggabelung der Geschichte, in der sich die Machtverhältnisse ändern". Nachsatz: "Die wichtigsten Fragen werden sein, ob die USA reif genug sind für eine Beziehung mit China, ob China von seinen Nachbarn als hilfreich angesehen wird oder als Bedrohung, und ob wir es schaffen, internationale Gremien auf Basis der neuen Machtverhältnisse umzustellen."