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Auch eine Woche nach den Protesten im Zuge der Präsidentenwahl sieht es nicht nach Entspannung aus in Weißrussland: Am Wochenende durchsuchte die Polizei zahlreiche Büros und Wohnungen von Oppositionellen, die wegen der Organisation "massiver Unruhen" in Haft sitzen. Auch bei Jaroslaw Romantschuk - einem bisher nicht inhaftierten Präsidentschaftskandidaten - und Verwandten von Festgenommenen fanden Hausdurchsuchungen statt. Außerdem wurde die Ausrüstung des Europäischen Radios für Belarus, das aus Polen sendet und von der EU finanziert wird, beschlagnahmt.
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Die Maßnahmen erinnern an ein in Weißrussland gut bekanntes Sprichwort: Ein alter Hund, so heißt es dort, ändert sein Verhalten nicht mehr. Auf Präsident Alexander Lukaschenko, der seit 1994 an der Macht ist, scheint der Spruch zu passen: Der Autokrat hat oft und dauerhaft sein Desinteresse daran bekundet, seine präsidiale Macht einzuschränken.
Dennoch hat die EU, um im Bild zu bleiben, in den letzten zwei Jahren darauf gehofft, den Hund abrichten zu können, ihn mittels Einbindung - etwa in die "östliche Partnerschaft" - zu Reformen in Richtung mehr Demokratie zu animieren. Diese Politik der Öffnung hat aber nicht den beabsichtigten Wandel in Minsk herbeigeführt - man bekam eher den Eindruck europäischen Wunschdenkens, wenn kosmetische Änderungen bei der Durchführung von Wahlen als Kurswechsel des Regimes interpretiert wurden. Natalia Radina, eine der inhaftierten Oppositionellen, klagte im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" vor der Präsidentenwahl über diese Politik: "Die Weißrussen haben Lukaschenko satt, sogar Russland murrt - und nun unterstützt ihn Europa?"
Auch wenn es nun neue EU-Sanktionen gegen Weißrussland geben könnte: Glücklich wird man im Westen darüber nicht sein. Schließlich verfolgen viele EU-Länder - auch Österreich - in Minsk ihre Interessen: Von der Privatisierung weißrussischer Unternehmen profitieren auch europäische Firmen. Ohnehin stellt sich die Frage, wie glaubwürdig der moralische Aufschrei westlicher Politiker im Fall des belarussischen Autokraten ist, wenn dieselben Politiker nichts dabei fanden, jahrelang Kosovo-Premier Hashim Thaci zu hofieren. Neben dessen Sündenregister - unter anderem werden dem albanischen Politiker Beteiligung an illegalem Organhandel und Auftragsmorde zur Last gelegt - nimmt sich das von Lukaschenko vergleichsweise bescheiden aus.
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