Die türkis-blaue Revolution hat ihre Kinder gefressen - und zuvor schon die Mütter und Väter.
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Der Zufall wollte es, dass am selben Tag, an dem zum zweiten Mal Heinz-Christian Strache wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit vor Gericht steht, Helmut Kern seinen Rückzug als Aufsichtsratsvorsitzender der staatlichen Beteiligungsholding Öbag öffentlich machte. Die Ankündigung erfolgte ohne Erläuterung der Gründe, doch werden die Chats rund um die Gründung und personelle Besetzung der Öbag wohl auch eine Rolle spielen.
Was die juristische Aufarbeitung der erweiterten Ibiza-Causen ergeben wird, bleibt abzuwarten. Die kurze Ära von Türkis-Blau ist damit, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, quasi auch personell abgelöst.
Fast jeder Abgang hat seine eigene Geschichte, manche erfolgten freiwillig, andere wurden aufgrund der neuen politischen Verhältnisse bei erstbester Gelegenheit ausgetauscht, wiederum andere machten sich selbst untragbar, sei es durch eine verheerende politische Optik oder aufgrund strafrechtlicher Ermittlungen - und manchmal auch durch eine Kombination von beidem. Auf jeden Fall kann der Selbstanspruch von Türkis-Blau, einen Bruch mit dem Bisherigen herbeizuführen, durchaus mit dessen Abwicklung durch Türkis-Grün mithalten. Die Revolution hat ihre Kinder gefressen - und zuvor schon die Mütter und Väter.
In anderen Staaten mit anderem Verhältnis zwischen Spitzenbürokratie und Unternehmen im staatsnahen Bereich auf der einen und den Regierungsfraktionen in Bund und Ländern auf der anderen Seite können solche, durch Wahlen herbeigeführte Veränderungen der Funktionalität des Systems entsprechen. In den USA rotieren mit jeder neuen Administration tausende Köpfe. In Österreich findet sich dagegen kein Sterbenswörtchen von politischer Affinität in den offiziellen Ausschreibungen, das liest man nur im informellen Kleingedruckten. Und diese Unkultur ist nicht nur auf Tobjobs beschränkt.
Die Regierungen der vergangenen 20 Jahre, alle Regierungen, haben das sich im Gleichschritt mit den Regierungsfarben drehende Personalkarussell in Gang gesetzt, und so einfach lässt es sich nicht mehr anhalten. Denn dazu müsste eine Koalition, zumindest eine Koalitionspartei, auf die ihr zur Verfügung stehenden Besetzungsmöglichkeiten verzichten. Könnte sie natürlich, aber warum sollte sie? Österreichs Politik hat sich ihr ganz eigenes Gefangenendilemma geschaffen, aus dem es, wie die Lebenserfahrung zeigt, ohne Vertrauen kein Entrinnen gibt. Und Vertrauen ist die große Leerstelle in dieser Republik.