Romney steht vor schwerer Aufgabe, Moderate und Radikale zu einen.
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Tampa/Wien. Von den vier Abenden sind den US-Republikanern nur noch drei geblieben - wenn überhaupt. Montag bis Donnerstag hätte die große Krönungsfeier dauern sollen, bei der Mitt Romney offiziell zum Präsidentschaftskandidaten gekürt wird. Doch Tropensturm Isaac machte ihm einen Strich durch die Rechnung und führte dazu, dass der erste Tag der Versammlung in Tampa, Florida, abgeblasen wurde. Lediglich eine zehnminütige Eröffnung fand statt, auf der die Verschiebung offiziell bekanntgegeben wurde. Auch der heutige Dienstag wackelt - es kommt ganz darauf an, welche Route Isaac tatsächlich nimmt.
Die Republikaner haben Erfahrung mit Unwettern. Schon vor vier Jahren musste der damalige Präsidentschaftskandidat John McCain wegen eines Sturms den ersten Tag der Convention ausfallen lassen. Doch diesmal könnte es noch schlimmer kommen. Dann nämlich, wenn Isaac an Stärke gewinnt und das amerikanische Festland irgendwo bei Louisiana erreichen sollte. Erinnerungen an das Desaster mit 1800 Toten werden wach, das Hurrikan Katrina im Jahr 2005 angerichtet hat. Jubelnde Republikaner in den Hauptabendnachrichten gleich nach Bildern der leidenden Bevölkerung - eine mehr als unbehagliche Vorstellung.
Sarkastische Menschen erinnern an die Worte von Romneys ehemaliger Rivalin im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur, Michele Bachmann. Sie hatte Stürme und Unwetter als Zeichen der Unzufriedenheit Gottes mit der Politik gewertet. Stimmt das, müsste er wohl ziemlich verärgert über die Republikaner sein.
Nominierung für heute Abend angesetzt
Das Programm des Parteitages ist längst über den Haufen geworfen. Schon heute, Dienstag, soll die Abstimmung der Delegierten erfolgen und die Ernennung Romneys zum Präsidentschaftskandidaten erfolgen - bevor noch etwas Schlimmeres passieren kann.
Mit dem Wegfall des ersten Abends hat Romney wahrscheinlich noch recht gut leben können. Immerhin haben einige große Fernsehsender ohnedies anderes vorgehabt, als den Parteitag zu übertragen. Der Fernsehsender CBS hatte am Montagabend einen Krimi auf dem Programm, der Sender NBC ebenfalls und ABC die Folge einer Mystery-Serie. Hauptopfer wäre die Rede von Romneys Frau Ann gewesen. Diese sollte weibliche Sympathien für den Kandidaten bringen, der sich schwer damit tut, Stimmen von Frauen zu erhalten. Sie könnte heute ihre Rede halten. Erst zwei Tage später - am Abschlusstag - ist der große rhetorische Auftritt ihres Mannes geplant.
Es wird die Rede seines Lebens werden müssen, denn im Romney-Lager brennt es an allen Ecken und Enden. Der ehemalige Gouverneur von Massachusetts führt einer Umfrage der "Washington Post" zufolge bundesweit zwar mit 47 Prozent der Stimmen um einen Prozentpunkt vor dem Mann, den er im Amt beerben will, Barack Obama. Doch ausgerechnet in den Staaten, in denen das Rennen entschieden wird, ist das nicht der Fall. Zu diesen zählt auch Florida.
Ex-Gouverneur Floridas stimmt für Obama
Schwer macht es Romney dort ein Mann, der früher Republikaner war: der ehemalige Gouverneur des "Sunshine State". Charlie Crist, der inzwischen politisch unabhängig ist, erklärte am Montag, dass er im November Barack Obama seine Stimme geben werde, den er als "den richtigen Anführer für unsere Zeiten" sieht.
Doch auch so hat Romney Probleme in den eigenen Reihen, etwa mit der radikalen konservativ-liberalen Tea Party. Die Brücke zwischen ihr und dem moderaten Lager zu schlagen ist wie die Quadratur des Kreises. Am Sonntag hatten sich Anhänger der Protestbewegung in Tampa versammelt, um noch einmal gehörig Druck auf Romney zu machen. Sein ehemaliger Rivale Herman Cain rief die Politik auf, den Wünschen der weit nach rechts gerückten Basis Rechnung zu tragen. "Dass ihr alle hier seid, das ist eine Botschaft an die Republikaner und an die Regierung Obama", sagte er. Düstere Worte in Richtung Romney.
Einen Lichtblick gab es für ihn dennoch: Der Film "2016: Obama’s America" ist am vergangenen Wochenende landesweit in den Kinos angelaufen. Die Anti-Obama-Doku spielte seither 6,2 Millionen Dollar ein und erreichte Platz 8 der Bestenliste.