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Republikaner warten auf Erlösung

Von Alexander U. Mathé

Politik

Romney geht mit den besten Karten ins Rennen.|Vorwahlkampf wird wohl noch viele Wochen ohne Entscheidung bleiben.


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Washington/Wien. Der Super Tuesday ist traditionell der Tag der Wahrheit bei den amerikanischen Vorwahlen und am 6. März ist er wieder da. An keinem anderen Tag wird in so vielen Bundesstaaten darüber abgestimmt, wer von seiner Partei ins Rennen geschickt wird, um das Amt des Präsidenten zu kämpfen. Weil Amtsinhaber Barack Obama bei den Demokraten unumstritten ist, richten sich alle Augen auf die republikanische Kandidatenkür. Doch dass Favorit Mitt Romney am Dienstag eine klare Vorentscheidung gegen seine drei Verfolger erzwingen kann, ist sehr unwahrscheinlich - sehr zum Leidwesen der Bewerber wie auch der Partei. Denn der Vorwahlkampf kostet nicht nur Geld, sondern die beispiellose Schlammschlacht unter den Bewerbern kann dazu führen, dass wer auch immer gewinnt, humpelnd gegen Obama antreten wird.

Die Situation ist ein Resultat der Parteizentrale. Erbost darüber, dass die Demokraten mit ihren langen Vorwahlen den Republikanern in der Vergangenheit die Show gestohlen haben, passten die Republikaner ihr System derart an, dass möglichst lange keine Entscheidung fällt. Das Verhältniswahlrecht wurde ausgebaut, damit ein Kandidat vor allem in der Anfangsphase nicht sofort alle Delegierten eines Staates erhält. Auch der Super-Tuesday ist gar nicht mehr so super, wie er einmal war: 2008 fanden noch Vorwahlen in 24 Staaten statt. Diesmal geht es lediglich um 10. Eine klare Vorentscheidung gibt es dadurch lange nicht. Dazu kommt noch ein von Negativ-Werbung geprägter Wahlkampf. Studien zufolge richtete sich noch vor vier Jahren sechs Prozent der Werbung im republikanischen Vorwahlkampf gegen Kontrahenten in der eigenen Partei. Heute ist es weit mehr als die Hälfte. Schuld ist maßgeblich eine neue Gesetzeslage, die ungezügelte Wahlkampfspenden für formell unabhängige politische Gruppen erlaubt.

"Staat um Staat: Es ist wie eine Wasserfolter"

Jeder Kandidat hat mindestens eines dieser Super PACs an seiner Seite. Diese können anders als die Wahlkämpfer selbst mit ihrem vielen Geld schalten und walten wie sie wollen.Fachleute warnen bereits, dass sich die Partei damit nur selbst demontiert. "Obamas Berater sehen mit Entzücken, wie sich die Republikaner gegenseitig schlecht machen", kommentiert die "Washington Post".

Für manche, wie den Vorsitzenden der Republikaner in Vermont Jack Lindley, sind die Vorwahlen schon zur Tortur geworden: "Staat für Staat, Tropfen für Tropfen" schreiten die Vorwahlen voran, ohne dass eine Entscheidung fällt. Immer wieder ist vom republikanischen Schreckensszenario "open convention" die Rede. Dieser Fall würde eintreten, wenn keiner der Kandidaten nach dem letzten Bundesstaat über die Mehrheit der Delegierten verfügt und am Nominierungsparteitag in einer Kampfabstimmung der Präsidentschaftskandidat gekürt wird.

1144 Delegierte sind nötig, um das Ticket für die republikanische Präsidentschaftskandidatur zu lösen. Mitt Romney hat in den vergangenen zwei Monaten 180 gesammelt, sein stärkster Rivale Rick Santorum 90, dahinter liegen Newt Gingrich mit 29 und Ron Paul mit 23. Heute geht es um insgesamt 419 Delegierte, also ein gutes Drittel von denen, die nötig sind.

Establishment und Geld auf Seite Romneys

Nicht nur daraus lässt sich ablesen, dass Romney der klare Favorit ist. Hinter dem ehemaligen Gouverneur von Massachusetts steht das Politestablishment und das Geld. Er verfügt über Unterstützungserklärungen von Leuten wie John McCain, dem letzten republikanischen Präsidentschaftskandidaten und Multimilliardär Donald Trump. Romney hat auch mit Abstand das meiste Geld, das ein wesentlicher Faktor ist, für einen Wahlkampf dieser Länge. Dazu geht er auch noch gestärkt mit einem Sieg am Wochenende im Bundesstaat Washington in den Super-Tuesday. Massachusetts, Virginia und Vermont gehören den Umfragen zufolge praktisch schon Romney.

Ihm auf den Fersen ist Rick Santorum: Er ist der paradekonservative Senkrechtstarter, Favorit der religiösen Rechten und der radikalen Protestbewegung Tea Party. Der ehemalige Senator von Pennsylvania ist gegen Homo-Ehe, gegen Abtreibung und persönlich auch gegen Verhütung. Er wird wohl Oklahoma ziemlich klar gewinnen, Tennessee und Wisconsin wahrscheinlich auch.

Alle Augen werden

auf Ohio gerichtet sein

Von den anderen beiden wird ohnedies angenommen, dass sie lediglich noch den Favoriten lästig sein können. Newt Gingrich etwa dürfte seinen Heimatstaat Georgia gewinnen, aber sonst nicht viel. Damit würde der ehemalige Sprecher des Repräsentantenhauses seine Präsidentschaftskandidatur nicht viel wahrscheinlicher machen, aber immerhin einen Sieg Romneys verhindern, dem der zweite Platz prognostiziert wird..

Ron Paul wiederum konzentriert sich auf Alaska, Idaho und North Dakota. Ob er dort erfolgreich sein wird, lässt sich mangels Umfragen nicht einmal vermuten. Doch in Idaho ist die Gemeinschaft der Mormonen sehr stark, der auch Romney angehört und auch Alaska könnte sich zu einem Zweikampf entwickeln. In North Dakota wiederum vermutet Experten ein offenes Rennen. Nur eines ist klar: Egal, ob der texanische Abgeordnete Paul gewinnt oder verliert, er hat - so wie Gingrich auch - versprochen, nicht aufgeben zu wollen. Nachdem die Delegierten proportional vergeben werden, muss es ja nicht immer nur ein Sieg sein, der wichtige Stimmen bringt.

Doch einen großen Preis gibt es am Super-Tuesday doch zu gewinnen, und das ist Ohio. Kein republikanischer Kandidat ist jemals Präsident geworden, ohne diesen Staat im Nordosten der USA für sich zu entscheiden. Eine Niederlage hier wäre vor allem für Romney ein Problem. Hegen doch viele Wähler schon jetzt Zweifel, dass er es später im Duell mit Obama schafft, sich durchzusetzen. Er hat Probleme, bei der traditionellen Stärke der Republikaner zu punkten: der weißen Arbeiterschicht. Gerade in Ohio sind diese Wähler ein entscheidender Faktor. Und so sieht man den früheren Hedgefonds-Manager und Multimillionär Romney bei Auftritten immer häufiger im legeren Look, mit Jeans, wohl in der Hoffnung, die Arbeiterschicht nicht allzu sehr zu verschrecken. Den letzten Umfragen zufolge liefern sich Romney und Santorum ein Kopf-an-Kopf-Rennen um Ohio, wobei letzterer um eine Nasenlänge voran ist. Doch Romney ist bekannt für sein starkes Finish.

Symbolisch negativ droht für Romney ein weiterer Umstand zu werden: Rechnet man das Ergebnis des Super-Tuesday nach Verlusten und nicht nach Gewinnen, so wird Romney ziemlich sicher vier der zehn Staaten verlieren.

Triumph für Romney im Vergleich zu 2008

Wie dem auch sei: Schon jetzt ist sicher, dass Romney seinen Vorsprung ausbauen wird. Denn auch für ihn zahlt es sich aufgrund des Verhältniswahlrechts aus, Zweiter zu werden. Rund die Hälfte der zur Disposition stehenden Delegierten könnte er insgesamt einheimsen. Das wäre dann immerhin ein Sechstel der nötigen Delegierten. Im Vergleich zu 2008, als Romney bereits antrat, wäre dann für ihn der Super-Tuesday ein Triumph. Nach seinem schlechten Abschneiden gab er auf und überließ dem späteren Präsidentschaftskandidaten John McCain das Feld.

Doch im Gegensatz zu seinem früheren Konkurrenten wird sich Romney nach diesem Dienstag nicht zurücklehnen können und sich auf den Kampf gegen Obama konzentrieren können. Ihm werden noch Wochen des Kampfes gegen die parteiinternen Gegner bevorstehen. Auch Santorum hat erklärt, auf jeden Fall bis zum bitteren Ende weitermachen zu wollen.

HintergrundDer Weg zur Kandidatur