Der Glaube an die Unabsetzbarkeit der Herrschenden ist weiter verbreitet, als man gemeinhin glauben würde. Mit der Staatsform hat das herzlich wenig zu tun.
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Der - mitunter ausufernden - Berichterstattung über den Tod des letzten Kaisersohns ist die Wiederentdeckung des schönen Begriffs des Legitimisten zu verdanken. Als solchen bezeichnete sich Otto stets, wenn es um die hiesige politische Gretchenfrage in Bezug auf die Habsburger ging: "Monarchist oder Republikaner?"
Die Antwort bietet durchaus Spielraum für Interpretationen, immerhin bezeichnet Legitimismus schlicht den Standpunkt, der auf der Unabsetzbarkeit des Herrscherhauses beharrt. Ein ewiger Bund quasi. Bleibt nur die Frage, wer diesen Pakt so unerbittlich rechtsbindend abgeschlossen hat: Gott mit dem Herrscherhaus? Oder das Volk - eigentlich richtiger: die untertanen Völker - mit Gott unter Miteinbeziehung Dritter, nämlich des Herrscherhauses? Und was tun Legitimisten, wenn sich die auf ewig angelegte Ehe zwischen Herrscher und Untertanen auseinanderlebt?
Unnötig zu sagen, dass es in einem Land, in dem vorrepublikanische Strukturen und Traditionen noch springlebendig in die Gegenwart reichen, auch heute noch allerorten verkappte Legitimisten gibt.
Der Zeit entsprechend nennen sie sich längst lupenreine Demokraten, an die Stelle des Herrscherhauses ist eine Gesinnungsgemeinschaft, vulgo Partei genannt, getreten und - last, but not least - findet sich das Volk in jener tragenden Rolle wieder, der zuvor Gott zugedacht war.
Was unverändert blieb, ist der Glaube an die Unabsetzbarkeit historisch überlieferter Machtverhältnisse, seien diese rot, schwarz oder eben rot-schwarz.
Doch anders als Gott, zumindest in seiner neutestamentarischen Variante, ist das Volk, hat es sich erst einmal die Idee vom Souverän in den Kopf gesetzt, prinzipiell unzuverlässig und darüber hinaus auch noch höchst undankbar. Deshalb kann unter demokratischen Verhältnissen auch die von Otto stets so gepriesene Unabhängigkeit des Herrschers von niederen Interessen und Instinkten nicht recht zum Tragen kommen. Denn wer in der demokratischen postideologischen Stimmungsdemokratie den Kopf oben behalten will, beschränkt sich notwendigerweise auf das Populäre.
Ob demokratische Todesangst dazu führt, dem unpopulär Notwendigen Priorität zu verleihen, bleibt vorerst abzuwarten. Historisch gesehen wohl eher nicht. Das hat Österreich Ende der 1990er Jahre eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Vielleicht ist dazu wirklich nur in der Lage, wer mit seinem Leben - politisch gesprochen - bereits abgeschlossen hat. Von Franz Voves und Hermann Schützenhöfer etwa heißt es, dass sie ihre letzte Legislaturperiode in der Politik verbringen. Vielleicht gelingt den beiden Steirern deshalb ein Reformwurf, den ihnen keiner mehr zugetraut hätte, solange sie noch jung und ehrgeizig waren.