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65 US-Botschaftskandidaten warten zu weltpolitisch brisantem Zeitpunkt auf Bestätigung - Obamas Gegner legen sich quer.
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Das Gerede über den Niedergang der USA ist meist unzutreffend. Aber wie soll man sonst ein Land beschreiben, das in einer Welt explodierender Spannungen wegen seines Parteienhickhacks unfähig ist, dutzende Botschafter auf ihre Posten zu entsenden? Sogar für Washingtoner Maßstäbe haben die Republikaner im Senat einen neuen Tiefstand an Scheinheiligkeit erreicht. Sie prangern die außenpolitische Inaktivität von US-Präsident Barack Obama an und verweigern gleichzeitig, seine Botschaftskandidaten zu bestätigen - auch Kandidaten für Krisenherde wie die Türkei, an der Frontlinie gegen den Islamischen Staat, und Sierra Leone, das Epizentrum des Ebola-Ausbruchs.
Frei heraus: Staaten verlieren ihre Macht und ihren Einfluss, wenn sie nicht einmal bei grundlegenden Angelegenheiten wie diplomatischer Repräsentation Einigkeit erzielen können. Es ist nicht mehr möglich, Entscheidungen zu treffen, und die Öffentlichkeit ist zu gelangweilt oder zu uneins, etwas zu unternehmen. Traurig, aber das ist ein Schnappschuss der USA 2014.
Das US-Außenministerium sagt, es habe 65 Botschaftskandidaten, die auf Bestätigung warten. Ein paar von ihnen sind schlecht vorbereitete politische Günstlinge, die ihre Anhörung verpfuscht haben und zurückgezogen werden sollten. Vierzig von ihnen sind jedoch Diplomaten mit bemerkenswerten Karrieren. Die durchschnittliche Wartezeit für Kandidaten beträgt derzeit 237 Tage. Elf der leeren US-Botschaften befinden sich in Afrika, neun in Osteuropa und sechs in Ostasien. Auch im Nahen Osten fehlen US-Botschafter.
Mitunter kann man in Washington sagen, dass an einem Problem alle schuld sind oder keiner schuld ist. Das ist hier aber nicht der Fall, denn es ist eindeutig die republikanische Führung im Senat schuld. Sie will offensichtlich den Demokraten das Kippen des Rechts auf Marathonreden heimzahlen. Niemand scheint den Republikanern klarzumachen, dass die USA die Rechnung bezahlen, in Form fehlender Repräsentation.
Regierungsbeamte haben signalisiert, dass sie einen Plan unterstützen würden, wonach die vierzig Karrierediplomaten als Gruppe bestätigt werden sollen, wie bei Militärbeförderungen, und sich das Parteienhickhack für die politischen Nominierungen zu sparen. Bisher keine Einigung.
Ein kluger Schritt der Regierung wäre, die politischen Nominierungen, die ein Fehler waren, zurückzuziehen - zum Beispiel den Fundraiser, der als Botschafter für Oslo nominiert ist und der eine der regierenden Parteien Norwegens als extremistisch bezeichnet hat. Oder der für Argentinien vorgesehene Botschafter, der das Land, wie er sagt, noch nie besucht hat und die Sprache kaum spricht. Oder die Seifenopernproduzentin für Ungarns Hauptstadt Budapest.
Die Welt ist dieser Tage ziemlich chaotisch und Staaten brauchen ein diplomatisches Bindeglied zu den USA, das sie schätzt und respektiert. Aber wenn die Welt nach Washington blickt, was bekommt sie zu sehen? Eine im Abstieg begriffene Hauptstadt, deren verbitterte Politiker sich nicht einmal auf die Ernennung von Botschaftern einigen können.
Übersetzung: Redaktion