Zum Hauptinhalt springen

Res publica ist das Ziel

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Während in Spanien der Werbefeldzug der Regierung für eine Zustimmung der Bevölkerung zur EU-Verfassung beginnt, machen sich die Grünen im Europäischen Parlament Gedanken um die Zeit nach der Ratifizierung des Vertragswerks. Der Abgeordnete Johannes Voggenhuber kündigte ein EU-weites Volksbegehren für eine erste Änderung der Verfassung an.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Was die europäischen Grünen planen, muss erst ermöglicht werden. Die Durchführung eines EU-weiten Volksbegehrens, für dessen Behandlung mindestens eine Million Unterschriften notwendig sind, wird durch die EU-Verfassung machbar.

Zuvor muss das Dokument aber erst in allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Im litauischen und ungarischen Parlament ist dies bereits geschehen, Slowenien will eine Ratifizierung noch im Jänner. Doch in mindestens neun Ländern entscheidet die Bevölkerung in einem Referendum über die Annahme der EU-Verfassung. Und bei den Volksabstimmungen könnte sich die "berechtigte Kritik am Vertrag, die auch im Konvent geteilt wurde" niederschlagen, erklärt Johannes Voggenhuber, Grüner EU-Abgeordneter und Mitglied des EU-Konvents, der das Dokument entworfen hat.

Nicht nur in Frankreich sondern auch in anderen Staaten gebe es Bedenken gegenüber der EU-Verfassung, begründet Voggenhuber gegenüber der "Wiener Zeitung". Doch einen Informationsprozess habe es bisher nicht gegeben. "Manche glauben, dass es mit der Ratifizierung zu Ende sei", meint der Abgeordnete. Für die Grünen ist dies allerdings nur ein erster Schritt, dem weitere folgen sollen. Sie wollen mit dem Volksbegehren - das bereits im Frühjahr starten könnte - den Versuch unternehmen, bisher nicht berücksichtigte Vorgaben zu verankern.

So soll in der Verfassung künftig gesichert werden, dass das EU-Parlament beim Beschluss aller Gesetze mitzuentscheiden hat, dass der EU-Ministerrat seine Beratungen über Gesetze öffentlich führen muss und dass sich die Union zu einem Raum der sozialen Sicherheit, Gerechtigkeit und Solidarität weiter entwickeln soll. "Wir wollen eine historische Wende", sagt Voggenhuber: "Die Union soll von einem Projekt der Eliten zu einer res publica werden."

Werbung für Entwurf

Dennoch möchten die Grünen für eine Annahme des Vertragswerks werben. "Es ist eine Illusion zu glauben, dass wenn die Verfassung abgelehnt wird, eine bessere kommt", ist der Parlamentarier überzeugt. Die europäische Integration sei ohne Verfassung nicht zu bewältigen: "Die Entwicklung kann nach rückwärts gehen."

Dass das Papier Mängel habe, räumte gestern auch Italiens Europaminister Rocco Buttiglione ein. "Der Verfassungsvertrag ist nicht der beste in einer theoretischen Welt" - dennoch der beste derzeit, stellte er fest. Daher sollte er ratifiziert werden.

Werbung für die Verfassung macht nun auch die spanische Regierung. Mit Fernsehspots und Zeitungsanzeigen soll die Bevölkerung zu einem Ja beim Referendum am 20. Februar motiviert werden. Laut Umfragen ist die Zustimmung jetzt schon groß: 42,7 Prozent der Befragten wollen bei der Volksabstimmung mit Ja votieren, lediglich 4,1 Prozent mit Nein.

Mit Türkei "nichts zu tun"

In Frankreich wiederum forderte Staatspräsident Jacques Chirac BürgerInnen und PolitikerInnen dazu auf, das Referendum zur EU-Verfassung unabhängig von der Frage eines möglichen EU-Beitritts der Türkei zu behandeln. Beide Themen hätten miteinander "nichts zu tun".