Die Zeit drängt. Schon vor der Pandemie waren 1,45 Millionen Flüchtlinge besonders gefährdet.
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Laut UNHCR gibt es weltweit 26 Millionen anerkannte Flüchtlinge. Nicht alle können in den Ländern bleiben, in denen sie sich aufhalten. In solchen Fällen ist eine Umsiedelung notwendig, um Schutz zu gewährleisten. 2019 bekamen nur 107.800 Flüchtlinge durch Resettlement, also die Umsiedlung vom Erstzufluchtsland in ein Aufnahmeland, die Chance auf ein Leben in Sicherheit. Dann kam Corona und dünnte diese magere Zahl weiter aus. Für Monate sind Resettlement-Programme zum Stillstand gekommen. Während der Reiseverkehr wieder Fahrt aufnimmt, fährt die Europäische Union das Resettlement nur langsam wieder hoch.
Aber die Zeit drängt. Schon vor der Pandemie waren 1,45 Millionen Flüchtlinge besonders gefährdet. Die Umstände sind beispielsweise in Ländern wie Libyen oder dem Libanon dramatisch. Alleine im Libanon leiden derzeit rund 900.000 Flüchtlinge Seite an Seite mit 6,8 Millionen Einwohnern unter einer dramatischen Wirtschaftskrise. Die Integrationsaussichten für diese Flüchtlinge sind denkbar schlecht. Die Explosion im Hafen von Beirut vor kurzem hat die Lage zur Katastrophe gesteigert.
Die jüngste Eskalation des Konflikts in Libyen hat gezeigt, wie notwendig es ist, gefährdete Flüchtlinge über Notfall-Transitmechanismen nach Niger und Ruanda zu evakuieren und neu anzusiedeln. Andernfalls sind die in Libyen eingeschlossenen Flüchtlinge entweder weiterhin Bombenangriffen, Gewalt und Missbrauch ausgesetzt oder gezwungen, die oft tödliche Überfahrt über das Mittelmeer zu wagen.
Diese Momentaufnahmen verdeutlichen die Dramatik der Situation. Resettlement kann nicht warten - es ist dringender denn je. Die Corona-Pandemie verschärft die Situation und erschwert das Leben von Flüchtlingen.
Leider erstreckt sich das Verständnis in Europa, dass in der Covid-19-Pandemie globale Solidarität notwendig ist, nicht auf das Thema Resettlement. Daher setzen sich die europäischen Rotkreuz-Gesellschaften gemeinsam mit anderen Organisationen für die Wiederaufnahme dieser Programme ein. Wir appellieren an EU-Institutionen und Mitgliedstaaten, die Zusage einzuhalten, dass 30.000 Menschen 2020 durch Resettlement umgesiedelt werden. Die Unterzeichnerstaaten des Globalen Flüchtlingspakts haben sich auch auf das Resettlement von mindestens 35.000 weiteren Flüchtlingen in die Europäische Union für 2021 geeinigt.
Von der Europäischen Kommission erwarten wir eine entsprechende Aufforderung an die EU-Mitgliedstaaten. Umsiedlungen durchzuführen und weitere sichere, legale Wege für Migration zu schaffen, sollten Prioritäten der EU sein. Resettlement ist ein Instrument der Solidarität, dazu geschaffen, unsere gemeinsame Verantwortung gegenüber Flüchtlingen auf mehrere Schultern zu verteilen. Leider nimmt gegenwärtig nur eine kleine Gruppe von EU-Staaten diese Verpflichtung wahr - Österreich gehört nicht dazu. Aber nur gemeinsam können wir einen sicheren Hafen bieten und von einer europäischen "Wertegemeinschaft" sprechen, die diesen Namen auch wirklich verdient.