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Respekt vor dem Respekt

Von Christian Mayr

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Kjetil Jansurd ist ein großer, fairer und noch dazu sympathischer Sportsmann, der Marcel Hirscher heuer einen harten Kampf um den Gesamtweltcup geliefert hat. Den er höchstwahrscheinlich am Ende verlieren wird - das wissen alle, er selbst wohl am besten. Doch was macht der Norweger, als er am Donnerstag erneut vom ORF-Reporter bedrängt wird, endlich seine Kapitulation einzugestehen? Nein, nein, meinte der 29-Jährige in einem sicheren, aber nicht überheblichen Tonfall. Theoretisch sei für ihn die große Kristallkugel immer noch möglich - und schon allein aus Respekt vor Hirscher werde er sich nicht vorzeitig geschlagen geben.

Diese Aussage verdient höchsten Respekt, weil damit - frei nach Papst Franziskus - beide Fahrer ihre Würde behalten und sich dann am Ende niemand vorwerfen lassen muss, den anderen vielleicht unlauter psychologisch unter Druck gesetzt zu haben. Und dieser Aspekt führt uns 21Jahre zurück in der Wintersportgeschichte, als sich nämlich bei Olympia 1994 in Lillehammer eine falsche Geste fatal ausgewirkt hat: Teamspringen auf der Großschanze - Japan führt vor den letzten Springern mit schier uneinholbaren 54,4Punkten vor Deutschland. In vielleicht gar nicht böser Absicht gratuliert Jens Weißflog seinem japanischen Konkurrenten Masaiko Harada am Sprungturm vorzeitig zum Sieg. Dann passiert das Unvorstellbare - Harada klatscht bei 97,5 Metern in den Aufsprung, Deutschland ist Olympiasieger und Weißflog der große Buhmann, der Tage später vom an sich fairen norwegischen Publikum gnadenlos ausgepfiffen wird. Den Spruch "It ain’t over ’til it’s over" kennen alle Sportler, er ist aber nicht immer Ausdruck von gesteigertem Selbstbewusstsein, sondern schlicht von Fairness.