Das Rätselraten fand gestern ein Ende: Mit Infrastrukturminister Mathias Reichhold wurde der erklärte Favorit als Obmann-Kandidat präsentiert. Erwartungsgemäß auch die Wahl von Generalsekretär Karl Schweitzer als neuer Klubchef. Weiter offen ist nun lediglich noch die Frage des Spitzenkandidaten: Hier soll morgen eine Entscheidung fallen. Mit einer Überraschung konnte die FPÖ zwischenzeitlich aber doch noch aufwarten: Aus Kärnten kam die Spekulation, dem Neuwahlantrag im Parlament die Zustimmung verweigern zu wollen. Am Abend beschloss der Klub aber dann doch einstimmig ein "Ja" zu Wahlen am 24. November.
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Der FPÖ scheint ein sprichwörtlicher Stein vom Herzen gefallen zu sein, dass sich mit Reichhold doch noch ein Kandidat für den Posten des Parteiobmannes gefunden hat. Das lassen zumindest die zahlreichen Wortmeldungen aus fast allen Teilen der Partei vermuten, die die Kandidatur Reichholds begrüßen und ihm Gefolgschaft versprechen.
Die Erleichterung ist verständlich, da doch laut Reichhold die Entwicklung der letzten Tage "die Funktionäre in einen Schockzustand versetzt" hatte. Unbedingte Zustimmung zu seiner Person und zu seinem Kurs hat Reichhold selbst zur Voraussetzung gemacht. Gestern gestand er jedenfalls offen ein, vor einer schweren Entscheidung gestanden zu sein. Umso mehr betonte er daher: "Alle Landesparteiobmänner stehen ehrlich hinter mir".
Seine Wahl sei als Signal der Regierungsfähigkeit und -bereitschaft der FPÖ zu verstehen. Die Partei bekenne sich zu Europa und zur Erweiterung unter "klaren Bedingungen". Damit meinte Reichhold die Themen Benes-Dekrete, Transit, Temelin, Zuwanderung und die Frage der EU-Agrarreform.
Der neue Obmann in spe kündigte gravierende Änderungen bei den innerparteilichen Spielregeln an: Mit ihm an der Spitze werde es Beschlussänderungen innert weniger Tage geben, auch öffentliche Kritik an den Spitzenvertretern der Partei werde er nicht dulden. Diese Spielregeln seien von allen "bedingungslos zu akzeptieren", so Reichhold. Bei einem Treffen der Kärntner FPÖ am Dienstagabend, bei dem auch Landeshauptmann Jörg Haider anwesend war, seien diese Fragen offen von ihm angesprochen worden. Er gehe davon aus, dass "Zurufe aus Kärnten" kein Thema mehr sein werden.
Ob er nach dem Abgang des oberösterreichischen FP-Chefs Hans Achatz auf weiteren Rücktritten von Rädelsführern beim Sturz Riess-Passers bestehen werde? Es werde zwar, so Reichhold, kein Scherbengericht geben, aber: "Lassen sie sich überraschen."
Mit seiner Bereitschaft zur Übernahme des Obmannes hat der 45-jährige Kärntner Bio-Bauer Reichhold ein schweres Erbe angetreten. Laut einer aktuellen Gallup-Umfrage liegt die FP derzeit nur mehr bei 12 Prozent und damit hinter den Grünen auf dem vierten Platz.
Die Reaktionen der anderen Parteien: Für SP-Klubchef Josef Cap hat die FPÖ Reichhold in den Vorsitz "hineinzwingen" müssen. Die Grünen betrachten den neuen Mann an der Spitze der FP als "Verlegenheitslösung". Für die VP wollte Klubchef Andreas Khol "politische Mitbewerber nicht in der Öffentlichkeit beurteilen".
Haider in der Partei
nicht mehr sakrosankt
Wie sehr sich die Dinge innerhalb der FPÖ in den letzten Tagen verändert haben illustrieren die Attacken des Ex-FPÖ-Justizsprechers Harald Ofner gegen Haider. In "News" meint dieser: "Der Haider-Spuk muss vorbei sein." Ofner rechnet damit, dass Haider dem Parteitag fernbleibt. "Wenn wer auf dem Schlachtfeld nicht erscheint, ist das ein Signal." Haider werde jetzt, da der Bann gebrochen sei, die Kärntner Basis wegbrechen.