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Retter für russische Milliarden auf Zypern gesucht

Von WZ-Korrespondent Gerd Höhler

Politik

EU soll Geldinstitute rekapitalisieren, in denen Russen ihr Geld geparkt haben.


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Nikosia. Russische Speisekarten im Restaurant, russische Sicherheitshinweise in den Aufzügen der Hotels, russischsprachiges Verkaufspersonal in den Juwelier- und Pelzgeschäften: Kein Wunder, dass die Bewohner der zyprischen Hafenstadt Limassol von ihrem Ort oft als "Limassolgrad" sprechen. Auch bei den Banken in Zypern spricht man Russisch, denn Russen sind hier wichtige und gern gesehene Kunden.

Nach Angaben der zyprischen Zentralbank unterhalten Nicht-EU-Bürger bei den Geschäftsbanken der Inselrepublik Einlagen von 20,8 Milliarden Euro. Der allergrößte Teil davon dürfte auf russische Guthaben entfallen. Der Strom russischen Geldes nach Zypern setzte nach dem Zerfall der Sowjetunion ein. Zugleich schnellte die Zahl der auf Zypern registrierten Briefkastenfirmen auf mehr als 40.000. Hinter vielen verbergen sich reiche Russen, sagen Insider. Dass nicht alle Russengelder auf zyprischen Konten ehrlich verdient und ordentlich versteuert wurden, ist eine naheliegende Vermutung.

60 Prozent des BIP für Rettung größter Banken

Jetzt werden die russischen Milliarden zu einem Problem für Zypern. Denn der Bankensektor der Insel, der in besten Zeiten etwa zwei Drittel der Wirtschaftsleistung erbrachte und dessen Bilanzsumme sogar das Neunfache des zyprischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichte, steht vor dem Zusammenbruch. Beim Schuldenschnitt im benachbarten Griechenland mussten die zyprischen Banken schwer bluten, weitere Milliardenverluste kamen durch Kreditausfälle in Griechenland hinzu, wo die zyprischen Banken etwa ein Viertel ihrer Darlehen vergeben haben.

Nun sollen die beiden größten Banken der Insel mit rund zehn Milliarden Euro rekapitalisiert werden. Zypern selbst kann diese Summe aus eigener Kraft unmöglich aufbringen, sie entspricht fast 60 Prozent des BIP. Die Gelder müssen also aus dem Euro-Rettungsfonds kommen.

Weil Zypern Privatisierung ablehnt, wartet EU Wahl ab

Dass die europäischen Steuerzahler mit den Hilfskrediten letztlich auch russische Schwarzgelder retten sollen, ist nicht der einzige Schönheitsfehler. Die Insel, die 2004 der EU und 2008 der Eurozone beitrat, gilt als Steueroase. Die niedrige Körperschaftssteuer von nur zehn Prozent ist vielen EU-Politikern ebenso ein Dorn im Auge wie der sehr weitgehende Schutz der Privatsphäre zyprischer Bankkunden.

Zwar verabschiedete Zypern im Zuge des EU-Beitritts eine Reihe von Gesetzen gegen Korruption und Geldwäsche. Kritiker sagen aber, in der Praxis habe sich wenig geändert.

Auch Zyperns Staatspräsident Dimitris Christofias zeigt wenig Reformbereitschaft. Die EU verlangt, dass Zypern als Gegenleistung für Rettungskredite Staatsunternehmen privatisiert, um Schulden abzutragen. Doch das lehnt der Altkommunist Christofias, der zu Sowjetzeiten in Moskau geschult wurde, strikt ab. Die EU will deshalb über Hilfszahlungen für Zypern erst nach der Präsidentenwahl am 17. Februar entscheiden. Christofias tritt nicht mehr an, als wahrscheinlicher Nachfolger gilt der Konservative Nikos Anastasiadis. Doch die Zeit wird knapp auf Zypern, das Geld geht zur Neige: Laut Finanzminister Vassos Shiarly sind Ende März die Kassen leer.