Rehn: Rund 80 Milliarden Euro über drei Jahre nötig. | Rettungsfonds-Chef Regling sieht keine "Ansteckungsgefahr". | Brüssel/Gödöllö. Die Weichen für das Portugal-Rettungspaket sind gestellt. Laut ersten Einschätzungen von Wirtschaftskommissar Olli Rehn werden die Notkredite rund 80 Milliarden Euro über drei Jahre umfassen.
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Im Gegenzug müssen sich die Portugiesen zu ehrgeizigen Sparzielen, Wirtschaftsreformen, Privatisierungen und der Sanierung des Finanzsektors verpflichten. Die Verhandlungen über diese Bedingungen zwischen EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) einerseits und Portugal andererseits sollen sofort beginnen, erklärte der Luxemburger Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker nach einem Treffen der EU-Finanzminister am Freitag.
Mit einer Verabschiedung des Rettungsplans wird für die nächste Ministertagung Mitte Mai gerechnet. Binnen zehn Tagen könne der Euroschirm "European Financial Stability Facility" (EFSF) dann Geld für Portugal bereitstellen, kündigte sein Direktor Klaus Regling an. Zuvor hatte der portugiesische Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos durchblicken lassen, dass die Refinanzierungen im April noch aus eigener Kraft gestemmt werden könnten - für die zweite Tranche eines fälligen Neun-Milliarden-Euro-Pakets im Juni trifft das nicht mehr zu. Auf die Portugiesen komme daher jetzt ein härteres Spar- und Reformprogramm zu, als noch im März von der Opposition abgelehnt worden war, erklärten der österreichische Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka und der finnische Ressortchef Jyrki Kattainen.
Heikle politische Lage
Das damalige Sparpaket sei ein Anknüpfungspunkt für die Verhandlungen, erläuterte Rehn. Er verwies auch die schwierige politische Situation vor den Neuwahlen in Portugal am 5. Juni. Die Minderheitsregierung des inzwischen zurückgetretenen Premiers Jose Socrates war über das letzte Sparprogramm gestolpert. Nötig sei jetzt eine belastbare parteiübergreifende Vereinbarung, damit das Reformprogramm unmittelbar nach den Wahlen vom Parlament abgesegnet werden könne, so Rehn. Daher wollten die EU-Vertreter nicht nur mit Socrates, sondern auch mit den anderen Parteichefs sprechen. Alle hätten sich bereits dazu bekannt, das Defizit 2012 auf 4,6 und im Jahr darauf auf zwei Prozent zu senken, sagte Juncker. Das sei bereits ein erster Schritt.
Der in der Nacht auf Freitag eingetroffene formelle Hilferuf aus Lissabon sei ein "verantwortungsvoller Schritt zur Sicherung der Stabilität in Europa und Portugal" gewesen, meinte Rehn. Der Schritt unter den Rettungsschirm "grenzt die drei schwächeren Volkswirtschaften in der Eurozone ab und vermeidet weitere Ansteckung", erklärte Regling. Die Risikoaufschläge für spanische Staatsanleihen gegenüber deutschen seien von der Situation in Portugal nicht beeinflusst worden, seit Jahresbeginn sogar um zwei Prozentpunkte zurückgegangen. "Die Märkte verstehen heute viel besser die wirtschaftlichen Unterschiede in den unterschiedlichen Euroländern."
Vor den Portugiesen waren bereits die Iren unter den Rettungsschirm geschlüpft. Auch Griechenland musste milliardenschwere Finanzhilfen anfordern.