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Revidierte Prognosen und ihre Folgen

Von Simon Rosner

Politik

Österreich und anderen Ländern drohen Nachbesserungen beim Budget - für die neue EU-Kommission wird das zur heiklen Frage.


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Wien. Seine Hausaufgaben hat Österreich beim Haushalt zwar rechtzeitig gemacht, fragt sich nur: wie gut? Am 15. Oktober schickte das Finanzministerium das Budget 2015 wie gefordert nach Brüssel, allerdings mit leicht veränderten Zahlen gegenüber dem Frühjahr, als der Nationalrat das Doppelbudget beschloss. Damals waren jedoch die Wachstumsprognosen der Wirtschaftsforscher deutlich optimistischer, sie trübten sich im Herbst dann merklich ein. Mit den nun aktuellen Zahlen sieht das Budget ein bisschen anders aus - und zwar nicht besser. Die EU könnte daher Nachbesserungen verlangen.

Die "Financial Times" berichtet jedenfalls mit dem Verweis auf EU-Kreise, dass die Kommission von einigen Ländern, darunter Österreich, Präzisierungen fordern wird. Frankreich und Italien werden ebenfalls genannt.

Dass aus Brüssel vermutlich ein weniger freundliches Schreiben kommen wird, war zu erwarten, denn Österreich erreicht beim strukturellen Defizit das Soll von 0,45 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht. "Das war immer ein Unsicherheitsfaktor, dass da eventuell nachgebessert werden muss", sagt Christian Keuschnigg, Direktor des IHS.

Einige Länder mit Problemen

Statt dem Ziel zumindest ein bisschen näher zu kommen, stagniert Österreich aufgrund der geänderten Prognosen bei 1,0 Prozent des BIP, denn dieses war auch für heuer gemeldet worden. Es könnte gerade dieser Nicht-Fortschritt sein, durch den sich die EU-Kommission dazu veranlasst sieht, Österreich zu tadeln. "Dieser Interpretation würde ich zustimmen", sagt Keuschnigg. Zumindest hätte es eine andere Argumentationsbasis gegeben, wenn man "wenigstens einen erkennbaren Schritt gegangen wäre".

Österreich steht mit diesen Problemen freilich nicht alleine da, andere Ländern, vor allem Frankreich, werden die EU-Ziele noch viel deutlicher verfehlen. Deshalb ist es fraglich, ob Brüssel tatsächlich ganz strikt vorgehen wird. Wenn die Prüfung der Budgets im November abgeschlossen ist, wird die (neue) Kommission jedenfalls vor einer heiklen Aufgabe stehen. Sie kann große Länder nicht anders behandeln als kleine und Härte ebenso wenig zeigen wie Milde.

Denn während die Pleitestaaten sehr massive Einschnitte erfahren haben und die Strukturreformen für viele Menschen tatsächlich existenzbedrohend sind, hat Westeuropa über notwendige Strukturreformen bisher fast nur diskutiert. Zwar sind die Probleme dieser Länder nicht ganz so dramatisch, dennoch kann es die EU unter diesem Gesichtspunkt wohl nur schwer argumentieren, sollte sie Abweichungen von den Budgetvorgaben akzeptieren.

Hält Budgetpfad?

Und bald droht Österreich das nächste Problem. Es ist bereits klar, dass die mittelfristige Prognose des Wifo, die bis 2018 ein durchschnittliches Wachstum von 1,8 Prozent pro Jahr vorsah, nicht halten wird. Diese Prognose, die die Basis für das Stabilitätsprogramm ist, wird im Jänner aktualisiert. "Man muss sich fragen, ob das Wachstum nicht dauerhaft niedriger ist", sagt Keuschnigg. Die Hinweise darauf mehren sich, "man spricht in Europa bereits von einem Szenario der säkularen Stagnation. Und das wäre eine schlechte Nachricht für die öffentlichen Finanzen."

Weil die Ausgaben dann steigen und die Einnahmen sinken, etwa durch mehr Arbeitslosigkeit, würde Österreich beim Stabilitätsprogramm neue budgetäre Hausaufgaben bekommen. Noch ist es nicht so weit, doch unwahrscheinlich es nicht. "Es erinnert uns daran, dass man die Strukturreformen durchführen muss", sagt Keuschnigg. Dabei gehe gar nicht nur um die EU-Vorgaben. "Man muss das vor allem im Eigeninteresse machen."