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So kannte man ihn: Gekleidet in die Lederjacke des Straßenkämpfers, unrasiert, die dunklen Haare widerborstig ins Gesicht hängend. Rudi Dutschke war in den Jahren 1967 und 1968 der bekannteste Sprecher jener rebellischen Studenten, die Deutschland revolutionieren wollten. Am Sonntagabend wurde das Leben dieses "Berufsrevolutionärs" in der Sendung "Deutsche Lebensläufe" (3sat) nacherzählt. Dutschke, Jahrgang 1940, entstammte einer bewusst protestantischen Familie. Wie sehr dieses Erbe ihn geprägt hat, sprang im historischen Rückblick besonders deutlich ins Auge. Von seinen Gegnern wurde Dutschke als kommunistischer Hetzer denunziert. Dabei trug er, der Jesus für den "größten Revolutionär" hielt, auch die Züge eines ernsten Predigers.
1968 wurde Dutschke durch ein Revolverattentat schwer am Kopf verletzt. 1979 starb er an einem epileptischen Anfall, der eine Folge dieser Schüsse gewesen ist. Der Film am Sonntagabend vermittelte einiges von der Faszination, die seinerzeit von Rudi Dutschke ausging. Was aber fehlte, war eine kritische Würdigung seiner politischen Arbeit: Was hat er gewollt, was erreicht? Waren seine Ziele sinnvoll oder nicht? Wäre heute noch von ihm zu lernen?
Da Fragen dieser Art nicht gestellt wurden, reichte es nur zum Porträt eines irgendwie interessanten Menschen. Rudi Dutschke, dem es immer um "die Sache" ging, hätte diesen Ansatz sicherlich einer scharfen Ideologiekritik unterzogen. Aber der ist ja schon lange tot.