Zusammenkunft der EU-Staats- und Regierungschefs: Deutschland will Umsetzung beschlossener Reformen.
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Brüssel. Nein, Wohlbefinden sei nicht angebracht. Auch wenn die EU sich langsam aus dem Krisenmodus herausbewegt - laut dem irischen Premier Enda Kenny könne "kein Führer in Europa mit der Situation zufrieden sein". An deren Änderung müssten die Staaten nun "hart arbeiten", erklärte der Politiker, dessen Land derzeit den EU-Vorsitz innehat.
Umgekehrt gehört es aber auch mit zur Kunst der Diplomatie, den Geschehnissen eine positive Note zu verleihen - vor allem, wenn auf den ersten Blick nicht viel mehr als Stillstand zu erkennen ist. Und wenn beim derzeit in Brüssel stattfindenden Frühjahrsgipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs weder Beschlüsse anstehen noch neue Konzepte zur Gestaltung der EU vorgelegt werden, dann ist eben von einer "wichtigen Zwischenphase" die Rede. Immerhin, meinte etwa ein deutscher Regierungsbeamter, seien noch vor einem Jahr bange Fragen nach der Zukunft der Eurozone allgegenwärtig gewesen. Dies sei nun nicht mehr der Fall.
Daher geraten wieder die Schlagworte Wirtschaftswachstum und Beschäftigung in den Mittelpunkt. Diese wollen die Mitgliedstaaten stärker fördern. Den Weg dahin haben sie sich bereits mit einer Reihe von Reformplänen vorgezeichnet, die teils erst zögerlich umgesetzt werden.
Doch ein Pfeiler davon, die Spar- und Konsolidierungspolitik, gerät immer mehr in die Kritik. Positive Ergebnisse der Maßnahmen lassen auf sich warten: Die Wirtschaft der Eurozone wird laut Prognosen auch heuer schrumpfen, die Arbeitslosenraten bleiben hoch, und in etlichen Ländern wird der Unmut über die Vorgaben auf die Straßen getragen.
Diskussion um Zypern-Hilfe
So stehen Staaten wie Deutschland, Österreich oder Finnland, die auf Haushaltskonsolidierung pochen, südeuropäische Länder gegenüber, die mehr Zeit für den Abbau ihrer Schulden fordern. Aber auch Frankreich und Italien arbeiten bereits daran, mehr Verständnis dafür zu erhalten, dass sie ihre Defizitziele nicht erreichen. Das nämlich kann die EU-Kommission mit einem Strafverfahren ahnden - und darüber soll dann im Juni entschieden werden.
Dennoch betonte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass der im Vorjahr beschlossene EU-Wachstumspakt "mit Leben zu erfüllen" sei. Gleichzeitig strich sie hervor, worauf ebenfalls Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann immer wieder hinweist: Es müssen mehr Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit ergriffen werden, die in manchen Ländern ein Drittel oder gar fast die Hälfte der Menschen unter 25 Jahren trifft. An finanziellen Schwierigkeiten dürfe dies nicht scheitern, meinte Merkel: "Geld ist da, es muss zu den Menschen kommen."
Auf Geld hofft auch ein Land, das sich bereits im Vorjahr mit der Bitte um finanzielle Unterstützung an die EU gewandt hat. Die Debatte um Zyperns Ansuchen steht zwar offiziell nicht auf der Agenda der Staats- und Regierungschefs, doch ist bereits für heute, Freitag, ein Sondertreffen der Finanzminister der Eurozone angesetzt. In der Zwischenzeit werden die Rufe nach einer raschen Einigung auf die Hilfskredite immer lauter. Schon warnte der zypriotische Zentralbankchef Panico Demetriades: Gebe es bis Ende des Monats kein Abkommen der internationalen Partner mit dem Land, drohe "systemische Gefahr" für den gesamten Euroraum. Ähnlich hatte sich zuvor der Direktor des Euro-Rettungsfonds, Klaus Regling, geäußert. Nach jüngsten Einschätzungen könnte Zypern rund zehn Milliarden Euro brauchen.
Orban schmettert Kritik ab
Am Rande des Gipfeltreffens war dies ebenso ein Thema wie ein anderes, das offiziell auch nicht auf der Tagesordnung stand: die jüngsten - international kritisierten - Verfassungsänderungen in Ungarn. Und Premier Viktor Orban erwies sich als Star des Nachmittags. In einer eigens dafür einberufenen Pressekonferenz schmetterte er in einem überfüllten Saal die Vorwürfe ab. Die Kritiker hätten die Gesetzesänderungen nicht einmal gelesen, geschweige denn verstanden, erklärte er lässig.